die wahrheit: Schwabinger Krawall: Marito! Marito!
Drei Wochen war der Jackie unterwegs von einer Sommersause zum nächsten Straßenfest, ohne dass mehr gelaufen wäre als ein harmloser Versuch mit einer Südtiroler Touristin ...
... die aber unablässig "Marito!" gekreischt hat, weshalb er versucht hat, ihr klarzumachen, dass er im Grunde auch ein echt maritimer Typ sei, bis ein bulliger Kerl dahergekommen ist und ihm dermaßen eine eingeschenkt hat, dass er von der Bierbank geflogen ist.
Jetzt schaut der Jackie aus wie von einem Mähdrescher überfahren und blickt trübsinnig aus dem Küchenfenster, während ihm der Hubsi erklärt, der ganze Schmarrn mit den angeblich so willigen Touristinnen sei ein Riesenhumbug, von dem er schon lange die Nase voll habe. Das einzig Wahre seien bodenständige einheimische Gewächse, die ein Bier und einen Spaß vertragen und nicht mit irgendeinem Proficatcher oder Berufskiller verheiratet seien. Der Jackie reibt sich sein halb abgerissenes Ohr, und der Hubsi sagt, solche Hasen werde man notfalls mit der Trambahn wieder los, außerdem habe er nicht mehr die geringste Lust auf das gentrifizierte Gesocks in den hannoveranisierten In-Vierteln, weshalb die einzige Lösung für diesen Sommer Volksfeste in Vororten seien, die es um München herum massenhaft gebe.
Also sind sie mit dem Auto irgendwo hinter Karlsfeld gefahren, wo in einer Wiese ein mickriges Bierzelt und ein klappriges Karussell gestanden sind. Der Hubsi hat gesagt, das sei der absolute Geheimtipp, was der Jackie auch geglaubt hat, weil in dem Zelt praktisch keine Menschenseele gesessen ist - außer dem Ferrari-Schorsch, dem Totenkopf-Willi, dem Kräuter-Kurti, dem Nasen-Helli, dem Qualminger-Schorsch, dem Absacker-Fredi und noch ein paar Nasen. Am Ausschank aber ist der Asbach-Günther gestanden und hat den Hubsi gefragt, was er da für einen zerlumpten Vogel dabeihabe.
Nach der zweiten Maß war das Volksfest aber eigentlich doch ganz pfundig. Nach der vierten hat der Jackie einen superhübschen Hasen kennengelernt und ziemlich losgelegt und ist total erschrocken, wie sie auf einmal "Marito! Marito!" gekreischt und gekichert hat, und dann ist es irgendwie wirr geworden und ziemlich rundgegangen, und plötzlich war alles dunkel, und wie er am nächsten Vormittag aufgewacht ist, weil sein Telefon geläutet hat, und der Hubsi gefragt hat, wohin er verschwunden und wie er heimgekommen sei, da hat er gemerkt, dass er gar nicht daheim ist, sondern in einer Schlammpfütze unter dem Karussell liegt, eingewickelt in eine Fahne mit der Aufschrift "Südtiroler Speckfest 2011", und da hat er zum Hubsi gesagt, dass er ihm den Schuh aufblasen soll mit seinen Volksfesten.
Wieso neben ihm im Schlamm der Südtiroler Proficatcher gelegen ist, hat er erst viel später erfahren, als ihm nämlich der Hubsi von der sagenhaften Angelina aus Salorno vorgeschwärmt und gesagt hat, dass er die Wahnsinnsnacht mit dieser Granate genau genommen ihm, dem Jackie, verdanke, und ob er eigentlich wisse, dass er, der Hubsi, im Grunde auch ein ziemlich maritimer Typ sei.
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