piwik no script img

die wahrheitSieg-Haka

Anke Richter
Kolumne
von Anke Richter

Neues aus Neuseeland: Auch wer sich wie ich nicht die Bohne für Ballsport interessiert, weiß, was uns diese Woche ins Haus steht: Das Endspiel der Rugby-Weltmeisterschaft.

A uch wer sich wie ich nicht die Bohne für Ballsport interessiert, weiß, was uns diese Woche ins Haus steht: Das Endspiel der Rugby-Weltmeisterschaft. Die Kiwis könnten glatt gewinnen. Also drei Tage Luftanhalten und Daumen drücken. Denn dann gehts ab im Stadion: Zunge rausstrecken, Schenkelklopfen, Brüllen, Stampfen. Endlich wieder ein Haka. Endlich - oder nicht schon wieder?

Für eine Banausin wie mich ist der Haka das Beste an dem Spiel. Wilde Männer, augenrollend im Chor, speichelspritzend: So viel geballte Maskulinität mit Blumenkohlohren kann in wenigen explosiven Minuten sicher jahrelanges Rumhampeln in Männergruppen, Trommelkursen und rituellen Schwitzhütten ersetzen. Ausgerechnet dieser kulturelle Hochgenuss mit Testosteron und Tradition stand die letzten Wochen im Kreuzfeuer. Schuld ist Südafrika. Wer mich fragt, auch wenn ich keine Ahnung habe: Diese Springboks sind zu Recht rausgeflogen. Spielverderber!

Südafrikas Rugby-Coach monierte vor Kurzem laut, dass der Haka so inflationär geworden sei. Das trat eine Diskussion los, die Fahrt aufnahm. Denn der Haka ist den Kiwis heilig. Und er ist politisch, da maorisch. Über den Ursprung des bekanntesten Haka "Ka Mate" streiten sich Gelehrte, bis hin zu dem pikanten Detail, was die fünfte Zeile bedeute ("Dort steht der haarige Mann, der die Sonne zum Scheinen bringt"). Te Rauparaha, Oberhaupt des Stammes Ngati Toa, stieß den Satz im Jahre 1810 hervor, als er sich vor dem Gegner versteckte - laut einer Interpretation saß Te Rauparaha in einer Ackergrube, über der die Häuptlingsfrau hockte. Daher der haarige Anblick. Wie gesagt, umstritten.

Historisch verbürgt ist allerdings, dass die Kiwis 1903 mit einem adaptierten Haka durchs Feindgebiet Australien tourten, der übersetzt lautete: "Wie geht es dir, Känguru? Pass auf, Känguru! Neuseeland wird bei dir einmarschieren." Die Version hat sich nicht durchgesetzt, aber andere Länder schlossen den Haka ins Herz: In Japan wurde damit eine Cola beworben, in Italien Fiat, in England Alkopop. Die Spice Girls vergriffen sich 1997 bei einem Auftritt in Bali an Neuseelands Markenzeichen. Sehr zum Unwillen von Puristen und Maori-Ältesten, die mit der weltweiten Hakaisierung ihre indigene Kultur verwässert sehen.

Aber was der Haka heute soll und wofür er in Zeiten ohne Stammeskämpfe und Kolonialkriege steht, ist ebenso umstritten. Bleiche Schüler, die mit dem markerschütternden Ritual ihre neue Aula einweihen und damit wen genau herausfordern - die Rektorin, den Hausmeister? Ein Flashmob wie letztens in Auckland, der in einer Fußgängerzone spontan in Kriegsgeheul verfällt? Und welche Botschaft sendet ein Haka aus, der bei der Beerdigung eines zu Tode misshandelten Kleinkindes aufgeführt wird - von Gangmitgliedern?

Nicht vergessen werden sollten auch die alten Riten anderer Völker. Kaum war der Springbok-Coach über den Haka hergezogen, da meuterten die schottischen Rugbyfans. Denn der WM-Rat hat alle Dudelsäcke vom Spielfeld verbannt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Anke Richter
Anke Richter ist Wahrheit-Kolumnistin, Buch-Autorin und Mitglied von Weltreporter.net in Neuseeland. Zuletzt erschien von ihr die Auswanderersatire "Was scheren mich die Schafe. Unter Neuseeländern - Eine Verwandlung" (Kiepenheuer & Witsch).

1 Kommentar

 / 
  • D
    Dunedin9012

    ...schwacher Beitrag, der nichts über die Bedeutung eines Kap Haka aussagt...wäre mal ein Blick auf Haka Maraka oder Superhake.co.nz angesagt....schlecht recherchiert, fuer die Masse ohne Hintergrund geschrieben und Der Wahrheit wieder mal nicht angemessen. Schade.