die stimme der kritik: Betr.: Erfolgreiche Koksfahndung auf dem Bundestagsklo
Uli, sag doch was!
Kokainspuren auf Toilette „2 N 027“, nur wenige Schritte entfernt vom Büro des Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse. Kokainreste auch auf der Fraktionstoilette in unmittelbarer Nähe des CDU-Vorstehers Friedrich Merz. Kokain überall, in insgesamt 22 Reichstagstoiletten. Dieter Baumanns Zahnpasta-Analytiker, Professor Fritz Sörgel, hat da ein hübsches Schneetreiben entdeckt.
Klarer Fall: Wir werden von Koksern regiert. Der Bericht von Sat.1 wirft allerdings eine Reihe schwerwiegender Fragen auf. Die wichtigste: Warum löhnen wir Steuerzahler eigentlich riesige Summen für die Putzkolonnen, wenn diese nicht einmal in der Lage sind, die Rauschgiftspuren unserer Abgeordneten und Minister rechtzeitig zu beseitigen?
Die zweitwichtigste: Warum spendieren wir großzügige Ministergehälter, Aufwandpauschalen, Trennungsgeld und Abgeordnetendiäten, wenn die Jungs und Mädels es so dicke haben, dass sie nicht einmal ihr Koks anständig aufbrauchen und das Zeug neben jeder Pissrinne rumliegen lassen? Wir sind recht empört.
Und: Was sagt eigentlich Uli Hoeneß? Da sitzt er jetzt in seiner Wurstfabrik und muss schon wieder Interviews geben. Ein Fußballbundestrainer, der sich die Nase pudert, das geht wirklich zu weit. Aber was ist mit Bundesministern, Abgeordneten und womöglich Bundeskanzlern und -präsidenten? Alle verrückt und ab nach Miami? Alle nach Köln zur notariell beglaubigten Haaranalyse?
Uli, sag doch was, wir brauchen jetzt deinen Rat. Eduard Lintner, alter Drogenkrieger der CSU und früherer Drogenbeauftragter unter Bimbes Kohl, will sich jedenfalls „einem Haartest nicht verweigern“. Gut gesprochen, Ede, aber was machen wir, wenn du positiv bist?
Was wir jetzt dringend brauchen, sind Streetworker, die auf dem Bundestagsklo Patrouille gehen, das Gespräch suchen und immer mal nach dem/n Rechten gucken. Und natürlich ein anständiges Drug-Checking. Wir können es nicht riskieren, dass der MdB womöglich vor einer wichtigen Abstimmung Straßenkoks mit 90 Prozent Backpulver in sein Hirnkastel zieht. Besser wäre: Kontrollierte Koksabgabe, Schnee vom Staat!
Andererseits: Die ganze Geschichte klingt ziemlich unglaubwürdig. Kokser sind nun mal die Leistungsträger einer Gesellschaft. Und jetzt guckt euch den rot-grünen Kegelklub an. Bei dieser Performance steht zu befürchten: Die koksen nicht, die saufen. Wer sucht eigentlich Flachmänner auf Klo „2 N 027“? MANFRED KRIENER
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