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die stimme der kritikBetr.: Deutsche Erfindungen

Die Hausordnung steht über allem!

Vor ein paar Tagen hatte man sich schon traurig damit abgefunden, dass die Zeit der lustigen Kokainskandale wohl vorbei ist, Schmökel und Klimmt hatten Christoph Daum, Uli Hoeneß und die fröhlichen anonymen Kokser aus dem Bundestag auf den ersten Seiten der Springerpresse abgelöst, doch nun geht es weiter. Kokain – die zweite Staffel startete letztes Wochenende mit dem glorreichen Sieg von Schalke gegen Bayern, steigerte sich bis Mitte der Woche, um nun recht humorvoll ins Wochenende zu gehen.

Am Montag ließ die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verkünden, der „Daum“-Effekt, mithin eine relevante Steigerung des bundesdeutschen Kokainkonsums, sei ausgeblieben. Am Dienstag beschwerte sich Uli Hoeneß darüber, dass es eine Razzia in seiner Wurstfabrik gegeben hatte und dass „im Internet“ eine Belohnung für den ausgesetzt worden sei, der ihn „von der Bank schießt“. „Allmählich habe ich die Schnauze voll, was mit mir in diesem Staat alles möglich ist“, so der sympathische Bayern-Manager. Er erwägt, sich Gedanken über einen möglichen Rücktritt zu machen. Pikanterweise veröffentlichte das Intelligenzblatt Bunte am gleichen Tag ein Interview mit dem designierten DFB-Präsident Mayer-Vorfelder, der über seinen Freund Hoeneß sagte: „Ich (i. e. Hoeneß) darf nicht sofort weinerlich reagieren, wenn ich angeschossen werde.“

Am Mittwoch verlor Rudi Völler gegen Dänemark und ein lachender Christoph Daum gab das Ergebnis einer neuerlichen US-amerikanischen Haaranalyse bekannt: „Ich bin doch negativ!“

Am Donnerstag verkündete der Ältestenrat des Bundestags, dass auf Parlamentsklos nicht gekokst wird, und erteilte dem Fernsehreporter Martin Lettmayer sowie dem „Akte 2000“-Moderator Ulrich Meyer ein einjähriges Hausverbot. Grund: Die verschnupften Reporter hätten ohne Erlaubnis in den Toiletten des Reichstags gefilmt, und die Sat.1-Untersuchungsmethoden seien unseriös.

Wahrscheinlich sind die Untersuchungsmethoden mittlerweile so überzüchtet, dass man überall Kokain finden würde. Wie auch immer. So ist wohl auch der großartige Vorschlag des drogenpolitischen Sprechers der Grünen nun vom Tisch, der Überwachungskameras für die Bundestagsklos gefordert hatte, und Sat.1 ist erwartungsgemäß beleidigt. „Absurder geht es nicht mehr“, und: „Eine Hausordnung im Deutschen Bundestag steht über allem, das ist sehr deutsch.“ Wie die deutschen Erfindungen Heroin (Bayer) und Kokain. DETLEF KUHLBRODT

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