die kunst des bratens:
Bratkunst ist die Fertigkeit, ein Fleischgericht so viel wie möglich mit eigenem Fett ohne Teigumhüllung durch Anwendung offenen oder verdeckten Feuers genussfertig zu machen. Diese hochwichtige Verrichtung erfolgt entweder am drehenden Spieß oder auf dem Rost oder endlich in der Pfanne.
Die Spießmethode sichert die gleichmäßige Bräunung und Krustenbildung beim Braten und ist auf Gerichte jeder Größe anwendbar. Die Rostmethode eignet sich nur für kleinere Stücke und stellt besondere Anforderungen an die Aufmerksamkeit des Bratkünstlers, liefert aber ein dem Spießbraten gleichwertiges Produkt. Die Pfannenmethode zeichnet sich durch Bequemlichkeit und Sauberkeit aus, erfordert aber um die Hälfte mehr Zeit und gibt namentlich größere Stücke beständig der Gefahr einseitiger und unregelmäßiger Krustenbildung preis.
Das Wesentliche beim Braten ist nämlich die möglichst schnelle und gleichmäßige Erzeugung einer schützenden und undurchlässigen Rinde um das ganze Stück, die den Saft am Austreten hindert und das Gericht so viel wie möglich im eigenen Fett gar werden lässt. Um das Verbrennen der Rinde zu verhüten, wird der Braten während der gesamten Dauer der Operation mit abträufelndem Safte begossen, der mit Butter oder Öl verlängert werden muss. (Aus dem legendären „Appetitlexikon“ von 1894, neu aufgelegt im Oase-Verlag Badenweiler)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen