die dritte meinung: Das Kopftuch hilft Frauen, ein vor Glotzerei geschütztes Leben zu führen, sage Rameza Monir
Der New Yorker Trend der „Subwayshirts“ schwappt nach Deutschland über. Frauen machen in den sozialen Medien auf sexuelle Belästigung im öffentlichen Nahverkehr aufmerksam, indem sie sich übergroße Shirts über das eigentliche Outfit werfen. Viele müssen die unangenehme Erfahrung machen, dass ihnen beim Aussteigen aus der Bahn Obszönitäten zugerufen werden oder dass sie im Gedränge unerwünschte Berührungen über sich ergehen lassen mussten.
Dass Kleidung als „Schutz“ eingesetzt wird, ist nicht neu. Muslimische Frauen versuchen schon seit Jahrzehnten, die Bedeckung und im speziellen das Kopftuch gesellschaftlich zu normalisieren. Von vielen muslimischen Frauen wird diese Art der Bedeckung als emanzipatorisch und höchst feministisch empfunden, denn sie entscheiden darüber, welchen Teil ihres Körpers sie wem zeigen möchten. Die islamische Kleidungsweise hilft vielen Frauen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen: frei von Modezwängen, frei von Materialismus und frei von sexualisierter Glotzerei. Dass diese Sichtweise von vielen Menschen in Deutschland nicht anerkannt wird, ist nicht neu. Schließlich gibt es Negativbeispiele aus islamischen Ländern wie dem Iran und Afghanistan, in denen die muslimische Bedeckung instrumentalisiert wird.
Eine liberale und moderne Gesellschaft sollte die Kleidungswahl der Frau überlassen. Deshalb muss in Deutschland die gesellschaftliche Akzeptanz für jene Frauen zunehmen, die sich bewusst und freiwillig für einen solchen „Selbstschutz“ entscheiden.
Rameza Monir schreibt als freie Journalistin über Rassismus, Religion und Social Media. Sie hat Politikwissenschaft und Soziologie studiert und ist Mitglied der SPD im nordhessischen Fritzlar.
Die Kommentarspalten sind voll von Erfahrungen der Frauen und beschreiben eine Situation, die sich seit den 70er Jahren kaum geändert zu haben scheint. Aus diesem Grund ist die Sichtweise gar nicht mehr so abwegig, dass sich Frauen erst einmal schützen und dann auf den politischen Umbruch hoffen, im besten Fall sich selbst dafür stark machen. Ich kann mich gegen das Patriarchat auflehnen und trotzdem dafür sorgen, dass ich nicht schutzlos anzüglichen Blicken ausgeliefert bin.
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