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die dritte meinungVon der Leyens Klimapolitik braucht die Unterstützung der Kanzlerin, sagt Franziska Brantner

Franziska Brantner

ist Parlamen­tarische Geschäfts­führerin und Sprecherin für Europapolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ihr Team vorgestellt. Wir werden mit dieser Kommission, die von einer Deutschen geleitet wird, in Europa identifiziert werden. Das ist anders, wenn ein Portugiese oder Luxemburger der Kopf der Kommission ist. Als bevölkerungsreichste Nation mit der größten Wirtschaftsstärke in Europa wird Deutschland ein Führungsanspruch von seinen Nachbarn zugeschrieben. So wird auch der deutsche Ruf in Europa mit Ursula von der Leyen gewinnen oder verlieren.

Von der Leyen wird in Brüssel keine Schonfrist haben. Sie hat sich vorgenommen, in den ersten hundert Tagen ihrer Amtszeit einen „Green Deal für Europa“ vorzulegen. Dafür will sie eine Klimaschutzbank gründen, die Investitionen über 1.000 Milliarden Euro in den nächsten zehn Jahren auf den Weg bringen soll. Der Europäische Rechnungshof hat das Zehnfache an Investitionen verlangt, um die europäischen Klimaziele zu erreichen.

Wir Deutschen müssen aufhören, in der neuen Kommissionschefin die altgediente und umstrittene CDU-Politikerin zu sehen. Von der Leyen hat jetzt die Aufgabe, zu liefern und alle Europäer mitzunehmen – gerade beim Klimaschutz. Die für sie wichtigste Unterstützung dafür muss von der Bundesregierung kommen. Steht die Kanzlerin und die deutsche Regierung nicht hinter der Kommissionschefin, verliert diese in Europa schnell Macht und Einfluss.

Berlin muss sich auf überzeugende Weise hinter von der Leyens angekündigte Klimapolitik stellen und eine ambitionierte Umsetzung einfordern und unterstützen. Vor allem ihr 1.000-Milliarden-Euro-Plan, der ohne deutsches Engagement ein leeres Versprechen ist, bedarf des ausdrücklichen Zuspruchs der Kanzlerin. Bleibt der aus, so wie es angesichts der verzagten Klimadebatte in der CDU und der schwarzen Null von Olaf Scholz aussieht, wäre von der Leyen als Kommissionschefin von Anfang an gehandicapt. Das darf nicht passieren. Die neue Kommission unter deutscher Führung ist für uns Chance und Verpflichtung, mehr für Europa zu tun.

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