die dritte meinung: Mit diesem Afrikabeauftragten ist die Bundesregierung schlecht beraten, sagt Ottmar von Holtz
Ottmar von Holtz
ist Sprecher für Zivile Krisenprävention und Obmann der Grünen im Entwicklungsausschuss des Bundestages.
Der Afrikabeauftragte der Bundesregierung Günter Nooke will, dass wir in Afrika den Regierungen ein Stück Pacht abkaufen – im Gegenzug verzichten diese auf die territoriale Hoheit. Irgendwie kommt mir das bekannt vor. Ich kann nicht anders, aber es erinnert mich fatal an einen anderen Deutschen, Adolf Lüderitz. Der hatte vor mehr als 100 Jahren im Südwesten Afrikas den Afrikanern auch ein Stück Land „abgekauft“. Es entstand die spätere Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Der Rest der Geschichte ist bekannt.
Adolf Lüderitz begleitet mich schon mein ganzes Leben. Schließlich heißt der Ort, wo er das erste Stück Land für das Deutsche Reich aneignete, noch heute „Lüderitz“. In Namibia aufgewachsen, lernte ich den Kolonialismus und seine schrecklichen Folgen kennen.
Die Ausweitung deutschen Hoheitsgebiets auf den afrikanischen Kontinent erscheint als eine verwirrte Idee von vorgestern. Dass ausgerechnet der Afrikabeauftragte der Bundesregierung so kolonialistisch daherkommt, macht fassungslos. In einem Interview sprach er davon, die Kolonialzeit habe dazu beigetragen, den „Kontinent aus archaischen Strukturen zu lösen“. Dann schlug Nooke vor, man solle afrikanischen Regierungen „gegen eine Pacht ein Stück territoriale Hoheit“ abkaufen. Auf diesem Stück Land könnten Menschen angesiedelt werden, die ansonsten flüchten würden. Günter Nooke verkauft die Menschen in Afrika für dumm.
Alles, was die Bundesregierung hierzu sagt, widerspricht den Auffassungen Nookes. Für ihn ist Afrika pauschal „anders“, geprägt durch „Clanstrukturen“, „Stammesführer“ und mangelnde Produktivität. Ach ja, die schwüle Hitze. Wo er nicht pauschalisiert, bringt er faktisch falsche Beispiele („Nigeria hat keine einzige funktionierende Raffinerie“) oder spricht von „tradierten Verhaltensweisen“. Dass auch in Deutschland tradierte Verhaltensweisen Fortschritt verhindern, führt Herr Nooke mit seinem Interview schmerzhaft vor Augen. Mit einem solchen Berater ist die Kanzlerin schlecht beraten.
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