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die dritte meinungDie Schweinemastanlage Haßleben ist symptomatisch für staatliches Versagen, sagt Michael Wimmer

Michael Wimmer

ist Geschäftsführer der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-­Brandenburg.

Das Gerichtsurteil gegen die geplante Schweine-Mega-Mastanlage im brandenburgischen Haßleben kann man nur mit unendlicher Genugtuung zur Kenntnis nehmen und sich freuen, dass sich der zivilgesellschaftliche Widerstand hier nicht hat ermüden lassen.

Bedenklich aber sind zugleich die Andeutungen des Investors, dass er dieses Urteil nicht anerkennen will – nach über zwölf Jahren Rechtsstreitigkeiten will er immer noch nicht aufgeben. Wir sollten uns daher ungeachtet dieses Etappensieges auf eine Fortsetzung dieses Gerichtsverfahrens einstellen.

Unabhängig von diesem Einzelfall gibt es aber ein Problem, das uns im Kampf gegen das Phänomen der Massentierhaltung in Brandenburg leider sehr oft begegnet: Egal wo man hinschaut, überall versagt der Staat beziehungsweise jene Institutionen, die den Rechtsstaat garantieren sollen. Und zwar gar nicht, weil irgendwelche Beamte sich bestechen ließen oder einfach nur faul wären, sondern vielmehr wegen chronischer Überlastung und Personalmangel.

Dies fängt bei der mangelhaften Überwachung und Beratung der tierhaltenden Betriebe auf Kreisebene durch die Kreisveterinäre an. Es setzt sich fort bei den Genehmigungsbehörden (die hier ja auch wegen Verfahrensfehlern erfolgreich beklagt wurden) und endet meist bei den heillos überforderten Gerichten. Mit Rechtssicherheit hat das oft wenig zu tun.

Dieser Personalstand hat sich fast unmerklich im Windschatten des neoliberalen Zeitgeistes der vergangenen Jahrzehnte eingeschlichen. Das Leitmotiv „Je weniger Staat, desto besser“ hat zwar inzwischen Kratzer abbekommen, aber es fehlt trotzdem der politische Wille, hier aktiv und wirksam gegenzusteuern.

Wenn wir mit unseren Mitgeschöpfen anders als bisher umgehen wollen, dann brauchen wir aber einen handlungsfähigen Staat, der auch dafür sorgt, dass Tiere ihre Rechte bekommen.

Es ist daher an der Zeit, die „rechtsfreien Räume“ zuallererst bei solch chronischen Themen zu schließen.

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