die anderen über den entwurf für eine europäische verfassung:
Den Entwurf für eine europäische Verfassung kommentiert die Londoner Times: Der frühere französische Staatspräsident Giscard d'Estaing hat ein Dokument ohne Informationen vorgelegt. Es ist ein Skelett für einen Verfassungsvertrag, wie d’Estaing es nennt. Deutlich werden der föderative Gedanke und die Schwäche der neuen rechtlichen Strukturen. Premierminister Tony Blair sollte den Verfassungsvorschlag genau studieren und prüfen, wo dieser Vertrag ihm in der Außenpolitik – Beispiel Irak – Schwierigkeiten machen könnte. Blair muss endlich aktiv aus nationalen Interessen an dieser EU-Debatte teilnehmen.
Die Pariser Wirtschaftszeitung Les Echos schreibt zum selben Thema: Die gleichzeitigen Initiativen von Premierminister Jean-Pierre Raffarin und Valéry Giscard d'Estaing zur Verfassung sind willkommen. Beide stellen zahlreiche gemeinsame Fragen wie die Diskussion um das Prinzip der „Subsidiarität“, die Solidarität zwischen Regionen und nationalen Staaten oder noch grundsätzlicher die künftige Rolle der Staaten. Alle diese Debatten sind unabkömmlich: Sie bestimmen die Form, die unsere Demokratie in Zukuft haben wird, und damit ihre Akzeptanz bei den Völkern Europas. Allerdings kann man die Art und Weise in Frage stellen – sie bleiben vorerst technisch bis schwer verständlich und zuletzt einigen Senatoren, Abgeordneten und anderen Mitgliedern des Konvents vorbehalten. Bleibt zu hoffen, dass Jean-Pierre Raffarin und Valéry Giscard d'Estaing ihr Wissen um Kommunikation zu nutzen wissen, um die Debatten näher an die Sorgen der Bürger zu bringen.
Die Brüsseler Tageszeitung De Standaard meint dazu: Der Verfassungsvorschlag von Valéry Giscard d'Estaing spielt auf eine auffällige Weise auf die Diskussion an, die in den letzten Monaten am Rande des Konvents über die europäische Präsidentschaft entstanden ist. Frankreich und Großbritannien hatten vorgeschlagen, der Präsidentschaft einen ständigen Charakter zu geben. Sie möchten, dass die Staats- und Regierungschefs für eine längere Frist – fünf Jahre – eine starke Figur, vorzugsweise einen ehemaligen Regierungschef, als Vorsitzenden des EU-Ministerrates ernennen. Die kleineren Mitgliedstaaten stehen dem ablehnend gegenüber. Sie befürchten, dass eine solche Präsidentschaft die Kommission unterdrücken wird. Sie befürchten, dass eine solche Präsidentschaft eine parallele Administration aufbauen wird, neben der Kommission, die das „europäische Interesse“ gewährleistet und die Gleichheit aller Mitgliedstaaten garantiert.
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