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das wird„Nachts aufzutreten, wird als riskant betrachtet“

Pendo Zawose über Tradition und die allmähliche Anerkennung von Musikerinnen in Tansania

Interview York Schaefer

taz: Die Familie Zawose ist wichtig für die tansanische Musik. Was bedeutet es für Sie, das Erbe der Familie jetzt als Leadsängerin zusammen mit Leah Zawose fortzuführen?

Pendo Zawose: Generell bewegen sich Frauen in der Musikszene Tansanias eher im Hintergrund, gerade auch in unserer Familie war das lange so. Also bin ich natürlich sehr stolz, als Frau und zentrale Person auf der Bühne mich selbst ausdrücken zu dürfen und das Erbe meines Vater Hukwe Zawose fortzuführen.

taz: Wie kam es zu dieser „Erlaubnis“?

Zawose: Nach dem traditionellen Glauben war es den Frauen unserer Volksgruppe der Wagogo nicht gestattet, bestimmte Instrumente überhaupt nur zu berühren. Frauen durften nur eine bestimmte Trommel spielen, die zwischen den Oberschenkeln platziert wird. Bei allen anderen Instrumenten hieß es, dass sie durch die weibliche Menstruation verstimmt werden könnten. Das war natürlich ein vorgeschobenes Argument, da eine Frau ja nicht ständig menstruiert. Wir haben dann aber heimlich die Instrumente unserer Vaters und unserer Brüder gespielt und wurden immer besser. Wir haben uns die „Erlaubnis“, unsere Musik zu machen, einfach genommen.

taz: Auf welchem Stand sehen Sie die Situation von Frauen in der Musikindustrie in Ostafrika im Vergleich zum Westen des Kontinents?

Konzert The Zawose Queens, Fr, 17. 10., 21 Uhr, Theater Bremen, Goetheplatz 1-3

Zawose: Die Frauen in der Musikindustrie in Ostafrika sind bei der Förderung und im Management noch unterrepräsentiert. Unsere Gesellschaft ist immer noch sehr konservativ. Das geht schon in den Familien los: Abends oder nachts aufzutreten, wird für junge Frauen als riskant, ja als gefährlich betrachtet und nicht unterstützt. Diese Haltung wird noch unterstützt durch die Mainstream-Industrie, wo Frauen ja weltweit teilweise sehr sexualisiert auftreten.

taz: Es finden aber langsam Veränderungen statt?

Zawose: Auch in Ostafrika organisieren sich immer mehr junge Frauen besser und werden professionelle Künstlerinnen und Musikerinnen. Wir als Zawose Queens mussten auf einer persönlichen Ebene für mehr Anerkennung kämpfen. Und unsere Anerkennung durch internationale Touren zeigt ja, dass Veränderungen möglich sind. Aber wir haben trotzdem noch einen langen Weg zu gehen.

taz: Wenn man über afrikanische Musik spricht, gilt die Demokratische Republik Kongo als der Gigant. Wo sehen Sie Tansanias Rolle in diesem Bild?

Foto: Michael Mbambo

Pendo Zawose

Sängerin und Multiinstrumentalistin aus der tansanischen Hafenstadt Bagamoyo.

Zawose: Aus dem Kongo kommt die populärste Musik ganz Afrikas. Mit der Rumba besetzen sie dort eine spezielle musikalische Nische, die eben sehr erfolgreich ist. Tansania hat viel musikalisches Potenzial, auch kommerziell, wie beim Bongo Flava. Aber im Vergleich zu Kongo hat das Land noch viel Arbeit vor sich.

taz: Welche Rolle spielt bei den Zawose Queens die Tradition? Sie verwenden ja auch elektronische Elemente.

Zawose: Als Frauen konnten wir die traditionellen Songs der Zawose-Familie nicht spielen, sondern mussten eigene Stücke schreiben. Mit unseren Instrumenten wie dem Daumenklavier, der Chizeze-Fiedel und den Ngoma-Trommel transportieren wir das Erbe unserer Familie. Aber wir leben in einer modernen Welt und die elektronischen Elemente beeinträchtigen nicht die Authentizität der Musik. Und sie erlauben es uns, ein neues Publikum anzusprechen.

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