Baumkenner über Miniwälder in der Stadt: „Ziel ist, möglichst schnell die Endstufe zu erreichen“
Auch ein kleiner Wald kann einen großen Effekt erzielen. Axel Heineck von Citizens Forests weiß, wie man mit sechs Euro pro Quadratmetern aufforstet.

taz: Mit welchen Fragen kann man in Ihre Miniwald-Sprechstunde kommen, Herr Heineck?
Axel Heineck: Man kann mit allen Fragen kommen: Wenn man zum Beispiel eine Fläche hat, bei der man meint, dass man dort einen kleinen Miniwald anpflanzen könnte oder eine Frage zur Pflanzmethode hat. Oder auch zu den Plakaten, mit denen wir unsere Arbeit vorstellen.
taz: Die darin besteht, dass Sie Menschen dabei unterstützen, Miniwälder anzulegen. Wie machen Sie das konkret?
Heineck: Wenn man zum Beispiel beim Bezirksamt schon eine Pflanzung vorgeschlagen hat und bei der Genehmigung weiterkommen möchte. Wir helfen auch bei der Pflanzaktion, indem wir Freiwillige organisieren.
taz: Wie findet man in einer Stadt wie Hamburg, wo Fläche heiß umkämpft ist, überhaupt Platz für einen Wald?
Heineck: Bei uns fängt das ab 60 Quadratmetern an, das sind gar nicht so große Flächen. Im letzten Jahr haben wir auf einem Friedhof einen Tiny Forest gepflanzt, vor drei Jahren haben wir einen in der Stadtteilschule Stellingen angelegt.
taz: Haben Sie eher private Flächen oder öffentliche Flächen im Blick?
Heineck: Sowohl als auch. Es gibt Organisationen oder Firmen, die größere Rasenflächen haben, bei denen man sozusagen etwas abzweigen kann. Wir machen auch Firmen-Events daraus. Oder wir haben mit einer Eigentümergemeinschaft gepflanzt, die einen großen Spielplatz hatten und nun ein bisschen einen Schutz gegenüber der Straße haben. Wir sind auch mit einzelnen Bezirken in engem Kontakt, etwa Wandsbek und Altona, mit denen man Ideen entwickeln kann, wo Flächen frei werden können.
Miniwald-Sprechstunde Axel Heineck von Citzens Forests beantwortet Fragen rund um das Thema Miniwald und die Miyawaki-Methode, 31.7., 13 bis 18 Uhr, Zentralbibliothek Hamburg, Hühnerposten 1, Hamburg. Ausstellung „Hamburg deine Miniwälder – Wie Citizens Forests mit euch die Bäume in die Stadt bringt“, Zentralbibliothek bis 4.8.
taz: Dieses „Ich pflanze mir einen Wald“ hat ein bisschen etwas von Märchen und Wunderland. Aber es gibt auch so etwas Pragmatisches wie die Kostenseite. Wer kommt dafür auf?
Heineck: Unsere Methode erfordert drei Pflanzen pro Quadratmeter, das heißt, wir kommen ungefähr auf 6 Euro pro Quadratmeter. Als wir in Altona gepflanzt haben, hat die Stadt alles bezahlt. Wenn es privat ist, ist der Besitzer des Grundes für die Aufbereitung des Bodens zuständig und wir finanzieren die Pflanzen.
taz: Welche Methode ist es, nach der Sie pflanzen?
Heineck: Sie heißt Miyawaki-Methode und geht auf den japanischen Pflanzensoziologen Akira Miyawaki zurück, der auch in Deutschland geforscht hat. Das Ziel ist, möglichst schnell die Endstufe eines Waldes zu erreichen. Man pflanzt zwischen zwei und vier Pflanzen pro Quadratmeter, mit einer Vielfalt von mindestens 25 Arten und mulcht hinterher, sodass die Feuchte im Boden bleibt. Durch diese enge Bepflanzung und die Lichtkonkurrenz, die dadurch entsteht, schießen die Pflanzen sehr schnell und ab dem dritten Jahr hat man schon eine geschlossene Walddecke.
taz: Wie viele Citizens Forests gibt es zurzeit?
Heineck: Momentan sind es in Hamburg rund 20 aktive. In Deutschland und Österreich haben wir bereits 40 Miniwälder gepflanzt. Zum Pflanzen selbst laden wir die Bevölkerung ein, weil es uns ganz wichtig ist, die in Bewegung zu bringen. Pflanzen macht nämlich wirklich Spaß.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Jan van Aken
„Keine Solidarität mit Hungermördern“
Klage gegen Tierrechtler*innen
Das System der Einschüchterung
Unglück beim Bergsteigen
Olympiasiegerin Laura Dahlmeier ist tot
Neonazis feiern Sonnenwende
Ein Feuer wie beim Führer
Rechtes Paradoxon
Warum AfD und Junge Freiheit plötzlich gegen eine Abschiebung sind
Zahlen der Jobcenter
Keine Belege für eine große Bürgergeld-Mafia