das wird: „Die Wildnis ist in unseren Köpfen“
Der Wald der südfranzösischen Ardèche hat die neue GOP-Show „Wilderness“ inspiriert
Interview Lilli Uhrmacher
taz: Frau Rieck, Sie versprechen eine Reise ins Grüne – und können trotzdem im Theater bleiben?
Sabine Rieck: Ja. Unsere Show „Wilderness“ spielt draußen, in einer sonst fast unberührten Wildnis, aber wir zeigen sie auf der Bühne im Theater. Die Leute brauchen also keine Angst zu haben, dass sie nass werden. Die ersten Proben haben wir bei Jacques Schneider gemacht, einem der Akteure. Er lebt in einem Wald, in der nördlichen Ardèche in Südfrankreich, mit Eseln, Hühnern und Bienen. Um diesen Esprit geht es.
Was daran inspiriert Sie für diese Show?
Jacques und ich kennen uns schon sehr lange und haben die Idee für die Show gemeinsam entwickelt und auch dementsprechend die KünstlerInnen gemeinsam mit der künstlerischen Leitung des GOPs gecastet. Die AkteurInnen sind international, zum Beispiel aus Chile, Kolumbien, Finnland, Irland, Belgien, Frankreich und Deutschland. Alle sind so ein bisschen „naturburschig“ und damit perfekt für das Thema der Show. Vieles ist im Kollektiv entstanden, wir haben viel mit Improvisation gearbeitet, um die einzelnen Nummern, die jeder mitgebracht hat, zusammenzufügen. Auf der Bühne herrscht optisch völlige Abstraktion. Der Hintergrund ist ein wehender, zerschnittener Vorhang in dunklen Farben, alles ist sehr pur, wir arbeiten mit Holz und allem, was dazugehört. Das ist unsere Vorstellung des Waldes. Die Wildnis ist in unseren Köpfen.
Welche Geschichte wird erzählt?
Die Geschichte handelt von Jacques Schneiders Leben dort draußen. Der Protagonist lebt dort in Ruhe, bis ein finnisches Pärchen an der Waldlichtung seine Sauna aufbaut und Touristen die Lichtung vor dem Wald für sich entdecken. Verschiedene Charaktere treffen aufeinander. Es geht um ihre Begegnung und wie sie miteinander interagieren. Es entstehen komische, absurde Situationen. Trotzdem ist es ein zirzensisches Programm, mit allen Highlights, die das Varieté zu bieten hat: Schleuderbrett, Luftnummern, Cyr Wheel und vieles weitere.
Sabine Rieck
Jahrgang 1962, Regisseurin, Physical Artist und Clown, ist Mitgründerin der Artistokraten, Berlin.
Kommt denn eine Gemeinschaft zustande?
Na klar, sogar ziemlich schnell.
Was hat Wildnis mit Artistik zu tun?
Im neuen Zirkus, im neuen Varieté werden die Grenzen gesprengt. Es gibt nicht mehr einzelne Nummern. Hier wird ein Zusammenhang geschaffen: spielerisch, musikalisch, tänzerisch oder clownesk-absurd. Dadurch entsteht ein ganzes Stück und eine visuelle Show ohne viele Worte. Wir machen Kunst und trotzdem Zirkus. Es ist lustig, aber berührt auch. Charaktere werden auf den Gipfel getrieben. Die Zuschauenden tauchen ein in ein Universum, das sie so sonst nicht kennen.
Wie passt das alles zusammen auf eine Bühne?
Show „Wilderness“, GOP-Theater, Am Weser-Terminal 4, Bremen, Premiere 8. 5., 20 Uhr, 64 Vorstellungen bis 14. 7.
Wir inszenieren eine physische Performance, kein klassisches Theater. Es wird so gut wie gar nicht gesprochen. Dafür gibt es viel Musik, zum Teil live. Das rockt ziemlich gut. Geschichten, die schwierig mit Worten zu beschreiben sind, werden gezeigt. Der Zuschauer wird permanent überrascht und es wird sehr verrückt und ist auch sehr besonders.
Gibt es eine Message?
Es ist kein politisches Thema, aber ich denke, jeder der AkteurInnen hat eine eigene Message und auch jeder einzelne im Publikum nimmt die Show unterschiedlich wahr. Ich wünsche mir, dass die Leute gemeinsam lachen. So entsteht für diesen Moment ein gemeinsamer Fokus, der im Alltag oft verloren geht.
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