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das wird„Unsere Mittel sind die Literatur und das Lesen“

Autorinnen und Autoren lesen in Hamburg gegen Antisemitismus

Interview Lenard Brar Manthey Rojas

taz: Frau Bilkau, wie entstand die Idee zur Lesung gegen Antisemitismus?

Kristine Bilkau: Es fing damit an, dass mehrere Hamburger Autorinnen und Autoren unabhängig voneinander den Gedanken hatten, mit den Mitteln, die wir haben, ein solidarisches Zeichen zu setzen. Unsere Mittel sind die Literatur und das Lesen. Zeitgleich wurde vom Pen Berlin ein solches Konzept entwickelt. In Berlin fand dann unter anderem mit Herta Müller, Ulrich Matthes und Michel Friedman ein Abend gegen Antisemitismus statt. Daraufhin haben wir uns zusammengesetzt und überlegt, was wir tun können. Wichtig war uns dabei der Austausch mit der jüdischen Gemeinde in Hamburg und jüdischen Kulturinstitutionen wie dem Jüdischen Salon am Grindel. Und wir freuen uns sehr über die Unterstützung des Lichthofs der Staats- und Universitätsbibliothek Carl von Ossietzky, wo die Lesung stattfinden wird.

Ist diese Lesung auch eine Reaktion auf das Schweigen vieler Kulturinstitutionen nach den Massakern der Hamas am 7. Oktober in Israel?

Ja, absolut. In den Tagen und Wochen nach dem 7. Oktober haben sich viele von uns gewundert: Woher kommt diese Stille? Nehme nur ich das so war? Im Dialog miteinander erkannten wir: Das ist die Realität und dagegen müssen wir ein Zeichen setzen. Sehr berührt hat uns ein Artikel von Dana Vowinckel in der Zeit, in dem sie Ende Oktober beschrieb, wie sie diese Stille in ihrem direkten privaten Umfeld empfindet. Wir sehen es so wie der jüdische Pianist Igor Levit, der gesagt hat: Es darf nicht sein, dass jüdische Menschen ihre eigenen Solidaritätsabende veranstalten.

Foto: Thorsten Kirves

Kristine Bilkau

49, Schriftstellerin, lebt in Hamburg. Für ihren Roman „Nebenan“ erhielt sie 2021 den Hamburger Buchpreis.

Was für Texte werden gelesen?

Es werden klassische historische Texte gelesen, unter anderem von Hannah Arendt „Besuch in Deutschland“ und Auszüge aus Gabriele Tergits „Effingers“, außerdem Texte von Jakob Wassermann, Heinrich Heine und Stefan Zweig. Wir wollen in die Historie gehen und zeigen, wie sich Antisemitismus mit ähnlichen Mechanismen immer wieder gezeigt hat. Das ist kein neues Phänomen und es gibt viel Literatur darüber. Zugleich ist es uns wichtig, gegenwärtige Stimmen zu hören. So trägt Gabriel Herlich Passagen aus seinem Roman „Freischwimmer“ vor und Viola Roggenkamp wird aus einem ihrer eigenen Texte lesen.

Antisemitismus zeigt sich momentan an Universitäten ebenso wie auf den Straßen. Welche Verantwortung trägt Kultur in dieser Zeit?

Lesung „‘Nie wieder‘ ist jetzt! Texte gegen Antisemitismus“, Di, 16. 1. Lichthof der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, 19.30 Uhr. Anmeldung unter info@penberlin.de

Kultur hat mehrere Aufgaben und Möglichkeiten. Sie sollte Debattenräume offenhalten und integrativ sein. Sie kann Wissen vermitteln, Perspektiven öffnen, die Stimmen von marginalisierten Personen hörbar machen, für soziale Probleme sensibilisieren. Kultur ist kein feststehender Begriff, sondern sie wird in der Praxis von Menschen gemacht. Man muss sich immer wieder hinterfragen: Was mache ich und für wen mache ich das? Auf die Literatur bezogen: Sie kann Denkmuster aufbrechen und immer wieder Fragen stellen und damit auch zur Selbstbefragung anregen. Sie kann das Licht auf Vergangenes werfen, den Blick für die Gegenwart schärfen. Das möchten wir an diesem Abend versuchen.

Was kann Kultur diesem Hass, den wir derzeit sehen, überhaupt entgegensetzen?

Kulturarbeit kann allen einen lebendigen Raum bieten, die sich gegen Polarisierung und Hass wenden. Sie kann Verbindungen schaffen, für Menschen, die sich in diesen Zeiten einsam fühlen, oder die den Eindruck haben, dass die lauten Stimmen überwiegen. Kultur kann auch den leisen Tönen Raum geben.

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