piwik no script img

das wird„Benachteiligung ist immer noch deutlich spürbar“

Der Künstlerinnen-Verband Gedok stellt seine neuen Mitglieder aus

Interview Alexander Diehl

taz: Frau Holstein-Sturm, für alle, die noch nie davon gehört haben: Wer ist in der Gedok organisiert?

Katharina Holstein-Sturm: Das sind zurzeit alles Frauen: Künstlerinnen, Kunsthandwerkerinnen, Literatinnen, also schreibende Zunft; Musikerinnen, Sängerinnen und dann, nicht zu vergessen: Kunstfördernde – das können auch Männer sein. Und der Gedok-Dachverband ist gerade dabei zu regeln, dass auch Menschen beitreten können, die sich als Frauen lesen. Daran arbeiten wir.

Gar nicht so selbstverständlich. Denn der Verband entstammt einer schon etwas zurückliegenden Epoche des Feminismus, oder?

2026 feiern wir 100-jähriges Jubiläum. Gegründet worden ist die Gedok von einer Hamburgerin, Ida Dehmel (1870–1942). Sie betrieb in Blankenese einen Salon und hat damals viele der bedeutenden Malerinnen in Hamburg mobilisiert und gesagt: Wir müssen was tun, wir sind zu wenig sichtbar, wir bekommen zu wenig Galerieplätze, wir bekommen zu wenig Ausstellungsplätze – und vor allen Dingen verkaufen wir zu schlecht. Da waren aber auch Männer dabei, Max Liebermann etwa. Es war schon ein Illustrer Zirkel, und das Ganze wurde dann in der Nazizeit verboten. Dehmels Nichte hat den Faden später wieder aufgenommen und die Gedok nach dem Krieg wiederbelebt.

Der Bedarf an ihrem Engagement war nicht wirklich kleiner geworden, nehme ich an.

Foto: privat

Katharina Holstein-SturmJg.1968, studierte in Würzburg und Trier. Lebt als Malerin in Klecken (Landkreis Harburg).

Wie viele Menschen können leben von ihrer Kunst – und wie gering ist daran der Anteil der Frauen? Wenn man sich Galerien anguckt, die mitunter über Jahrzehnte Kunstschaffende aufbauen: Die wählen im Zweifelsfall den Mann, weil sie sagen: „Bei der Frau weiß man nicht, vielleicht kriegt sie ja Kinder und dann? Wenn wir also investieren, dann in einen Mann.“ Auch sitzen in vielen Gremien sehr viele Männer. Insgesamt ist die Benachteiligung immer noch deutlich spürbar im Kunstbetrieb, was unheimlich nervig ist. Da kann man auch nicht einfach sagen: Na ja, Qualität gewinnt immer …

Leben Ihre Mitglieder, rund 200 sind es in Hamburg, von ihrer Kunst?

Da gibt es sowohl als auch – Leute, die etwa Kunstkurse anbieten: Viele haben noch einen Brotberuf, weil es einfach nicht reicht. Aber es gibt auch prominente Menschen darunter, die sehr gut verdienen. Es funktioniert als Netzwerk, auch weil wir nicht hierarchisieren – oben die hehre Kunst, unten das -handwerk … So machen wir immer wieder spartenübergreifende Ausstellungen, bei denen sehr unterschiedliche Aspekte zum Tragen kommen.

Eine Ausstellung steht auch jetzt an: Sie präsentieren Ihre neuen Mitglieder. Wie wird frau das eigentlich?

Ausstellung „Die Neuen“: bis 27. 1. , Gedok Kunstforum, Koppel 66/Lange Reihe 75, Hamburg. Eröffnung: Di, 9. 1., 19 Uhr (Einführung: Sabine Rheinhold, Katharina Holstein-Sturm und Heidemaria Thiele)

Da sind wir geradezu altmodisch: Sie können sich bewerben, und dann wird darüber in einer Jurysitzung befunden. Da wird durchaus viel gerungen, auch mal gestritten, immer am Ende des Sommers oder im September. Danach laden wir die Neuen ein und bereiten zusammen so eine Ausstellung vor. Es gibt durchaus Jahre, da nehmen wir nur eine oder zwei Künstlerinnen auf – weil die anderen unseren Standards nicht genügen.

Jetzt sind es elf neue Namen. Was gibt es ab Dienstagabend zu sehen?

Die Positionen sind wahnsinnig unterschiedlich. Eine Musikerin ist aufgenommen worden, eine Keramikerin und eine Goldschmiedin. Die restlichen acht sind bildende Künstlerinnen. Es geht da von digitaler Fotografie, Bearbeitung, Überarbeitung bis zu Anna Nau. Sie ist sowohl Künstlerin als auch Modedesignerin und arbeitet an der Schnittstelle zwischen Körperlichkeit, Verhüllung, Verletzlichkeit. Deren Arbeit finde ich zugleich sensibel und sehr aussagekräftig.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen