piwik no script img

das wird„Ich liebe sie alle gleich“

„Cats on Fire“ verspricht in Bremen feminines Theater-Empowerment – mit sehr berührenden Geschichten

Interview Benno Schirrmeister

taz: Frau Zängerle, ursprünglich sollte „Cats on Fire“ wie eine etwas schrille Revue beginnen. Warum haben Sie das verworfen?

Sissi Zängerle: Der Kontrast war zu groß, die Frauengeschichten, um die es eigentlich geht, die wir theatral erzählen, sind einfach zu tief. Ich mag es sonst sehr gerne, viele Stile zu mixen, ein richtiges Feuerwerk anzuzünden. Aber bei der Stückentwicklung haben wir gemerkt: Diese Geschichten vertragen keine Kalauer und Comedy. Die brauchen Konzentration.

Sie handeln von Femizid, von Rollen, von väterlicher Zurückweisung – keine leichte Unterhaltung.

Wir bewegen uns als Tourneetheater zwar fast schon regelmäßig zwischen den Stühlen. Wir wollen sowohl tiefsinnige und auch virtuose Kunst machen, und trotzdem davon leben können. Aber wir spielen nicht am Interesse des Publikums vorbei: Das Interesse an diesem Frauenthema ist da. Und wir wissen, dass wir mit unserer Art, diese ernsten und schweren Themen zu behandeln, ohne Sozialpädagogik, aber aus voller Überzeugung, soziokulturell eine Menge Menschen erreichen können, Menschen, die vielleicht nicht unbedingt ins Goetheplatz-Theater gehen. Dafür arbeiten wir mit sämtlichen Theatermitteln und sprechen alle Sinne an.

Die Episoden stehen unverbunden jede für sich: Wie viel daran ist persönliche Erfahrung?

Premiere „Cats on Fire neu entflammt“, anschließend Gespräch mit Helga Trüpel, Edda Lorna und Paris Fathi: Fr, 30. 6.; weitere Aufführung So, 2. 7., jeweils 20 Uhr, Bremen, Liluba, Strandweg 105

Die Geschichten stammen von den fünf Spielerinnen und sind zum Teil autobiografisch, zum Teil fiktiv.

Sehr bewegend fand ich die Geschichte von der Frau, die als ungewolltes Kind von ihrem Vater für Luft erklärt und fortan konsequent ignoriert wird.

Das ist interessant. Als Regisseurin kann und will ich keine Hierarchie zwischen den Geschichten behaupten. Es sind sehr unterschiedliche Erzählweisen, die hier auftreten – von der klassischen Theaterszene bis zum eher poetischen, lyrischen Auftritt. Und ich liebe sie alle gleich, das kann ich ganz ehrlich so sagen: Es ist das Zusammenspiel dieser unterschiedlichen Arten der Darstellung und Geschichten, die dem Stück einen Zusammenhalt geben.

Bei den explizit poetischen Passagen ist mir aufgefallen: Sie greifen auf Peter Handke zurück, Georg Danzer, Heiner Müller, Käpt’ n Peng, auch auf Henrik Ibsen …

Sissi Zängerle

leitet seit 2018 das Bremer Tournee­theater, hatte die Idee zu „Cats on Fire ...“ und führt nun auch Regie.

Nein, der ist in der letzten Intensiv-Probe rausgeflogen.

Trotzdem: alles Männer. Ist das Konzept?

Nein. Vor allem die Gedichte, das ist aus dem Bauch heraus entschieden, eine Sache der persönlichen Liebe. Das sind Texte, die ich mag. Dass es so viele männliche Autoren sind, spiegelt dabei ganz sicher, wie unsere Kultur verfasst ist. Konzeptionell an dieser Auswahl ist nur, dass uns wichtig war, männliche Stimmen nicht auszuschließen: Wir sind selbst ganz bewusst ein Künstlerinnenkollektiv. Aber wir wollen in der Verbundenheit bleiben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen