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das portraitJonas Kähler will Schleswigs jüngster Bürgermeister werden

Junger Mann mit Ambitionen: Schleswigs 30-jähriger Bürgermeister­kandidat Jonas KählerFoto: privat

Mit 14 Jahren besuchte Jonas Kähler den damaligen Bürgermeister seiner Heimatstadt Schleswig – er hatte Fragen. Heute will er selbst den Chefposten im Rathaus übernehmen. Die erste Hürde hat der 30-Jährige bereits geschafft: Am 12. Oktober geht es in die Stichwahl, gegen den mehr als doppelt so alten ehemaligen Leiter der örtlichen Stadtwerke Wolfgang Schoofs. Gewinnt der Konkurrent, wäre er künftig Kählers Vorgesetzter. Denn der Verwaltungsfachmann arbeitet als Stadtplaner in der Verwaltung.

In Schleswig, der 26.000-Personen-Stadt am Ostseefjord Schlei, hängt sein Bild zurzeit an vielen Straßen: Ein junger Mann mit kurzem Haar, Brille und Bart, der verschmitzt in die Kamera lächelt. Jonas Kähler hat Visionen und steht dazu: Schleswig soll bis 2035 klimaneutral werden, zehn Jahre früher als der Bund, gleichzeitig wohlhabender, mit mehr Arbeitsplätzen und größerer Bevölkerung. „Schleswig kann mehr“, lautet der Slogan des zweifachen Vaters, der vor seinem jetzigen Posten in Schleswig im Kieler Innenministerium in verschiedenen Abteilungen arbeitete. Den Aufschwung in der struktur- und wirtschaftsschwachen Stadt will er unter anderem durch den Überschuss an erneuerbarer Energie schaffen und dabei möglichst viele kleine Unternehmen in die Stadt holen.

Als Jugendlicher hat Kähler sich in der Grünen Jugend engagiert – „Das war einfach die coolste Partei damals, mit Leuten wie Robert Habeck und Konstantin von Notz“ – nun tritt er als unabhängiger Kandidat an. „Mir war wichtig, zu zeigen, dass ich parteiübergreifend arbeiten möchte“, sagt er. Für den Wahlkampf sicherte er sich die Unterstützung der Grünen und einer lokalen Wählergruppe.

Insgesamt traten vier Kandidaten im ersten Durchgang an, darunter der jetzige Amtsinhaber (SPD) und ein Bundespolizist, der für die CDU antrat. Beide scheiterten deutlich. Beide Parteien geben keine Empfehlung ab, welchen der beiden verbliebenen Kandidaten sie lieber auf dem Bürgermeistersessel sehen würden: Schoofs oder Kähler? Beiden fehle ein soziales Profil, sagte SPD-Vertreterin Birte Pauls. Das trifft Kähler ein wenig: Er meint, auch zu Fragen wie bezahlbarem Wohnen oder Kita viele Vorschläge vorgelegt zu haben.

Zu seinem Konkurrenten will er sich nicht äußern, sagt nur: „Die Bür­ge­r:in­nen haben die Wahl.“ Auch Wolfgang Schoofs tritt als unabhängiger Bewerber an, wie Kähler arbeitet er in kommunalen Betrieben, beide haben Kinder. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten. Schoofs ist 66 und stammt vom Niederrhein. In seine Zeit als Stadtwerke-Chef fiel einer der größten Umweltskandale der Stadtgeschichte: 2018 tauchtenPlastikteilchen in der Schlei auf. Später wurde bekannt, dass Tonnen des Materials aus der Kläranlage ins Gewässer entlassen wurde. Auch gegen Schoofs wurde ermittelt, zu einer Anklage kam es aber nicht.

Im ersten Wahlgang erreichte Schoofs die meisten Stimmen. Nun könnte er auch die Stimmen derjenigen Schles­wi­ge­r:in­nen sammeln, die sich einen 30-Jährigen nicht als Bürgermeister vorstellen wollen. Und dann? Jonas Kähler zuckt die Schultern: „Ich trete an, um zu gewinnen. Wenn das nicht klappt, mache ich trotzdem weiter und versuche in der Rolle als Stadtplaner, Dinge voranzubringen.“ Esther Geißlinger

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