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Eurovision Song ContestZiferblat vertritt die Ukraine in Basel

Die drei Jungs gingen mit ihrem Song „Bird of Pray“ als Sieger aus dem ukrainischen Vorentscheid hervor. Eine poetisch-verspielte Folkrock-Nummer.

Die Band Ziferblat posiert am 11. Mai in Basel Foto: Denis Balibouse/reuters

Es war ein bisschen wie eine visuelle Zeitreise in die 1970er Jahre – der Auftritt der ukrainischen Band Ziferblat (ukrainisch: Циферблат) in ihren schrill-bonbonfarbenen Kostümen beim Halbfinale des Eurovision Song Contest (ESC) im schweizerischen Basel am Dienstagabend. Insgesamt 15 Länder waren dazu angetreten, 10 kamen weiter, darunter die Ukraine.

Bereits 2024 hatte Ziferblat am „Widbir“, dem ukrainischen ESC-Vorentscheid, teilgenommen und dabei mit dem Lied „Place I Call Home“ den zweiten Platz belegt, hinter den Gewinnerinnen Jerry Heil und Alyona alyona. Dieses Jahr gingen die drei Jungs mit ihrem selbstgeschriebenen Song „Bird of Pray“, einer poetisch-verspielten Folkrock-Nummer, dann als Sieger aus dem Widbir hervor.

Gegründet wurde die Band bereits 2015, und zwar von den Zwillingsbrüdern Danyjil und Walentyn Leschtschynskyj. Später stieß noch Schlagzeuger Fedir Chodakow dazu.

2017 veröffentlichten sie ihre Debüt-EP „Kinoseans“, zwei Jahre später traten sie mit ihrem Lied „Vnochi (Nachts) bei der ukrainischen Version von X-Factor auf. Es folgten zahlreiche Singles sowie 2023 ihr Album „Peretvorennya“ (Transformation). Im selben Jahr gewannen sie den unabhängigen ukrainischen Musikpreis „Muzvar Award“ in der Kategorie „Beste neue Namen der alternativen Musik“.

Reflexion über den Krieg

„Bird of Pray“ beginnt auf Ukrainisch, nach wenigen Zeilen wechselt Sänger Danyjil Leschtschynskjy ins Englische. Die Band selber erklärte, der titelgebende Vogel sei ein Symbol für Hoffnung und Freiheit. Der Titel sei eine Reflexion über die Ereignisse in der Ukraine seit dem russischen Großangriff 2022 und den bis heute andauernden Krieg. Bewusst habe man Englisch und Ukrainisch gemischt, damit der Titel sowohl von Ukrai­ne­r*in­nen als auch in Europa verstanden werden könne. Die Aussprache des englischen Wortes „pray“ (Gebet) folgt eher der Aussprache von „prey“ (Beute).

Ukrainische Elemente finden sich auch in den ausgefallenen Kostümen der Musiker: Sänger Danyjyl Leschtschynskyj ist in schrilles Pink gewandet, Gitarrist Walentyn Leschtschynskyj und Drummer Fedir Chodakow in verschiedenen Blautöne. Entworfen wurden die Kostüme vom ukrainischen Designer Ivan Frolov. Der Gründer der Marke Frolov ist für seine Zusammenarbeit mit so bekannten Künst­le­r*in­nen wie Jamala, der ukrainischen ESC-Siegerin von 2016, Sabrina Carpenter, Beyoncé und anderen Stars bekannt.

Die Looks der Künstler verbinden „Elemente der Haute Couture mit nationalen Symbolen“, wie die renommierte ukrainische Zeitung Dserkalo Tyschnja (Wochenspiegel) erklärt. Unter anderem wurden „Punk-Gürtel“ mit Swarovski-Kristallen sowie Stickereien in Malvenform verwendet. Die Ornamente wurden von der Künstlerin Natalya Soiko aus dem westukrainischen Kamjanez-Podilskyj entworfen, wie Dserkalo Tyschnja berichtet.

So schillernd wie ihr Bühnenauftritt ist auch das Privatleben des 28-jährigen Gitarristen Walentyn Leschtschynskyj. Mit 17 lernte er die 22-jährige Krystyna kennen, fünf Jahre später wurden sie Eltern. Doch die Beziehung war von Anfang an schwierig. 2022 verließ Krys­tyna mit Tochter Luna die Ukraine wegen des russischen Angriffskrieges, in Nizza wurde der gemeinsame Sohn geboren. Mittlerweile ist das Paar geschieden, seine Kinder soll Walentyn nie wieder gesehen haben. Man wünscht den drei jungen Männern von Ziferblat auf jeden Fall, dass ihr Auftritt am 17. Mai beim ESC-Finale erfolgreicher wird als das Privatleben ihres Gitarristen.

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