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das portraitErhält den Friedens­preis des Deutschen Buchhandels: Tsitsi Dangarembga

Foto: Hannah Mentz

Mit Deutschland verbindet Tsitsi Dangarembga viel. In den späten 80er Jahren begann die 1959 in Simbabwe geborene Autorin und Filmemacherin, in Berlin Film zu studieren. Zu dem Zeitpunkt hatte sie ihren Debütroman „Nervous Conditions“ schon geschrieben, aber zunächst keinen Verleger gefunden und nicht mehr an eine literarische Karriere geglaubt. Erst Jahre später kam der Roman heraus – die Bildungsgeschichte einer heranwachsenden Frau, Tambudzai, im kolonialen Rhodesien. Der Roman wurde ein Weltbestseller. 2006 und dann noch einmal 2018 schrieb die Autorin die Geschichte von Tambudzai weiter, sodass inzwischen eine Trilogie vorliegt. Auf Deutsch erschien das Debüt unter dem Titel „Aufbrechen“, von der BBC wurde es in die Liste der hundert Bücher aufgenommen wurde, die die Welt verändert haben.

Film und Literatur, das sind die beiden künstlerischen Standbeine der heute 62-Jährigen, die zugleich als kulturelle Vermittlerin eine echte Adresse ist. In Harare gründete sie das „International Images Film Festival for Women“. Und in Berlin kuratierte sie 2019 etwa das African Book Festival, das sich zum Ziel gesetzt hat, afrikanische Literatur hierzulande sichtbarer zu machen und dabei von afrikanischen Perspektiven auszugehen.

Allein die Bandbreite der dort präsentierten Themen vermittelt einen Eindruck von den weitgespannten literarischen und politischen Interessen Tsitsi Dangarembgas. Es gab Panels über Queerness in Afrika, über Veganismus und zur Frage, ob alle SchriftstellerInnen FeministInnen sein sollten. „Das Ziel ist es, Stereotype aufzubrechen“, sagte Tsitsi Dangarembga, wobei sie einen Schwerpunkt auf das südliche Afrika legte. „Es geht eben auch darum, die Vielzahl an Positionen anzudeuten, die unter ‚afrikanisch‘ gelabelt werden.“

Als Thema des Eröffnungspanels wählte sie dabei die Produktionsbedingungen afrikanischer Literaturen. Inzwischen sind die Bedingungen zumindest für sie selbst etwas besser geworden, aber nur ein wenig: Auch für ihren dritten Roman, „A mournable body“, fand sie erst einmal keinen Verlag. Und auch dieses Buch wurde dann aber ein Erfolg. 2020 stand es auf der Shortlist zum Booker-Preis.

Tsitsi Dangarembga ist eine einleuchtende Wahl für den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, der traditionell ein Augenmerk auf das Zusammenspiel von künstlerischem und gesellschaftlichem Engagement legt. Beides ist bei dieser Autorin nicht zu trennen. Eindringlich schildert sie bereits in ihrem Debüt – sie gilt als die erste Schwarze Romanautorin Simbabwes überhaupt –, wie auf dem Land die Frauen den Lebensunterhalt der Familien in den bäuerlichen Familienzusammenhängen sichern, ihnen dafür aber Bildung als gesellschaftliche Ressource nur mit großen Widerständen zugestanden wird. An solchen innergesellschaftlichen Konflikten ihres Geburtslandes arbeitet sich die Autorin bis heute ab.

Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, einer der renommiertesten Kultur-Preise Deutschlands, wird im Oktober auf der Frankfurter Buchmesse verliehen. Dirk Knipphals

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