das portrait: Jens Rathhat seine Apotheke umbenannt
Schon als Jens Rath 2002 die Kieler Mohren-Apotheke übernommen hat, hätte er ihr wohl einen neuen Namen geben sollen. Soweit dachte er damals aber noch nicht. Zehn Jahre später hing er wieder dem Gedanken hinterher, empfand eine Namensänderung aber noch nicht als zeitgemäß. Im Februar 2018 forderte die Ausländervertretung der Stadt Frankfurt dann, alle Mohren-Apotheken umzubenennen. Letzten Endes war es die „Black Lives Matter“-Bewegung, die den Apothekeninhaber zu seiner heutigen Entscheidung bewog.
„Vor zwei Jahren konnte man noch gut mit der Tradition der Apotheke argumentieren, warum ihr Name nicht rassistisch aufgeladen ist“, sagt Rath. Deutschlandweit gebe es knapp 80 Mohren-Apotheken. Allgemeinen Vermutungen nach sollen sie eine Hommage an die mauretanische Heilkunst im Namen tragen.
Doch habe die Wahrnehmung sich nun grundsätzlich geändert, sagt Rath. Vor allem in jüngerer Zeit sei es häufiger zu Anfeindungen gekommen. Unbekannte hätten die Apotheke mit Plakaten beklebt und Graffiti gesprüht. Das sei sogar so weit gegangen, dass Mitarbeiter*innen Angst hatten, den Laden abends allein zu schließen.
Mit dem neuen Namen erhoffen sie sich, dass ihre pharmazeutische Qualität wieder im Mittelpunkt stehen wird. „Ich glaube durchaus, dass es potenzielle Kunden gibt, die allein wegen dem Namen die Apotheke nicht betreten“, sagt Rath. Seine Apotheke, die künftig „Raths-Apotheke am Brauereiviertel“ heißen wird, ist dank des Vertriebs von chinesischer Medizin überregional bekannt. Wenn er jetzt nicht in jede Richtung den neuen Namen kommuniziert, könnte er einen Teil seiner Kunden verlieren. Zu den mehreren Tausend Euro für Werbemittel kommen noch Verwaltungskosten.
Die Vorfälle in den USA haben sicher den Ausschlag gegeben, den Namen zu ändern, doch will Rath den Blick ebenso auf Deutschland lenken. „Auch bei uns gibt es Rassismus, der tief in den Köpfen verwurzelt ist“, sagt er. Doch solle man Geschichte nicht einfach löschen – für Rath persönlich ist Erinnerung notwendig. Laura Strübbe
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen