piwik no script img

das portraitVon Boris Palmer angegriffen: dieTV-Moderatorin Nazan Eckes

Offensichtlich hat Boris Palmer Probleme mit Deutschen, die – aus seiner Sicht – nicht „deutsch“ aussehen. Menschen wie Nazan Eckes und andere deutsche Promis, mit denen die Deutsche Bahn auf ihrer Website ein vielfältiges Bild von Deutschland darstellen will: People of Color wie der Fernsehmoderator und Koch Nelson Müller. Oder eben Personen mit Migrationsgeschichte, wie die in Köln geborene TV-Moderatorin Eckes. Und die scheinen dem grünen Oberbürgermeister von Tübingen furchtbar fremd zu sein.

Und so tat Palmer das, was alte – oder wie er selbst mittelalte – weiße Männer heutzutage im Internet halt so tun: Sie äußern auf Social Media ihren Unmut über eine angeblich überfremdete Gesellschaft. Palmer postet einen Screenshot der besagten Bahn-Werbung und fragt: „Welche Gesellschaft soll das abbilden?“ Wenige Stunden gibt er in einem zweiten Facebook-Post selbst die Antwort: „Für mich als Betrachter sind diese fünf Bilder von Personen, die ich nicht kenne, in der Auswahl erklärungsbedürftig. Nur eine der fünf Personen scheint keinen Migrationshintergrund zu haben. Das ist ungewöhnlich und ich würde gerne die Absicht dahinter verstehen.“

Dass Palmer mit Nazan Eckes eine Moderatorin nicht kennt, die auf Privatsendern Karriere machte und mittlerweile bei RTL Tanzsendungen à la „Let’s dance“ moderiert, ist natürlich in Ordnung. Dass er aber in ihr offenbar nur eine Vertreterin der nicht „biodeutschen“ Bevölkerung sieht, ist nichts anderes als „Othering“: „Die Anderen“ haben ein paar Pigmente mehr, was Palmer zur Frage verleitet, „warum Menschen ohne erkennbaren Migrationshintergrund (Anmerkung der Red.: damit spielt Palmer auf den ebenfalls abgebildeten weißen Formel-1-Rennfahrer Nico Rosberg an) auf der Seite der Deutschen Bahn nur noch als Minderheit dargestellt werden“.

An dem Shitstorm, den sich Palmer mit seinen Posts einhandelte, hat sich Nazan Eckes – im Gegensatz zu Nelson Müller und Nico Rosberg – bis Redaktionsschluss nicht beteiligt. Ihre Meinung zur Integrationsdebatte hat sie schon vor Jahren in ihrem Buch „Guten Morgen, Abendland“ preisgegeben: Im Vorwort schreibt sie, dass ihre Familie „seit zwei Generationen in Deutschland lebt, hier Fuß gefasst hat und hier glücklich ist“.

Die Moderatorin wird 1976 als Tochter türkischer Einwanderer geboren. Nach dem Abitur macht sie ein Volontariat beim Musiksender Viva, landet nach einer Zwischenstation bei der türkischsprachigen Zeitung Haftalik Posta beim Privatsender RTL. Sie beginnt als Wettermoderatorin, später moderiert sie Formate wie „Explosiv“ oder „Let’s Dance“. Seit 2012 ist sie mit dem österreichischen Maler Julian Khol verheiratet, mit dem sie zwei Söhne hat.

Welche Gesellschaft bildet Eckes also (mit) ab? Eine, in der die Kategorien Herkunft und Hautfarbe nicht zählen. Außer bei alten weißen Männern. Und bei einem grünen OB, für den sich spätestens jetzt seine eigene Partei schämt. Moritz Döring

meinung + diskussion

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen