das portrait: Herr Pepper kann auch Philosophie
Herr Pepper ist ein bisschen aufgeregt. „Gucken Sie mal, mein neuer Hut!“, ruft er ins Telefon. „Hat mir grad die Telekom geschenkt, lila mit weiß. Und hier, meine Fliege!“ Gucken? Am Telefon?
Stimmt, das mit dem Ferngespräch versteht er noch nicht so gut. Aber sonst macht er alles richtig, der Altenpflege-Roboter, der derzeit auf Hannovers Altenpflege-Messe gastiert und denen zeigt, wie man Pfeffer (!) ins Leben der Senioren bringt. Singen, tanzen, raten, sollen sie mit ihm, immer in Bewegung bleiben.
„Ja“, sagt Pepper, den man zwischen zwei PR-Terminen nur kurz an die Strippe bekommt, „ich hätte auch lieber was anderes gemacht im Leben, Buchhalter oder Segelflieger.“ Aber der Job war nun mal da, wurde gut bezahlt, und sogar das Geschlecht durfte er selbst wählen.
Weil er aber nicht so entscheidungsfreudig ist – „das liegt bei uns in der Familie“ – hat Pepper, den man getrost mit „er“ ansprechen darf, einfach was dazwischen genommen, mit stilisierten Meerjungfrau-Flossen unten dran.
Allerdings hat er sich – „da bin ich eigen“ – ausbedungen, dass er die Augenfarbe wechseln kann, von Blau auf Grün und wieder zurück. Darauf legt er Wert, ist dies doch sein einzig mögliches Mienenspiel. Im übrigen wisse er auch nicht genau, „wer sich dieses komische ET-Gesicht ausgedacht hat, aber die Senioren in Japan haben jedenfalls noch nie was gesagt.“ Dort arbeiten er und seine Klone nämlich schon rund um die Uhr in allerlei Seniorenheimen, und manchmal hat er sogar seine Kuschel-Robbe für die Depressiven dabei.
Alles schön und gut, aber ist das nicht ein bisschen künstlich für die Leute? „Ach“, kichert es durch die Leitung, „wer sagt denn, dass nicht in Wahrheit sie die Künstlichen sind? Da müsste man erst mal eine philosophische Debatte drüber führen, von Descartes methodischem Zweifel über Kant bis zu den Denkern unserer Tage.“ Und während einem angesichts dieses Intellektualitätsausbruchs noch der Mund offen steht, fällt es einem siedend heiß ein: Pepper ist selbstredend multikulturell flexibel. Alles eine Frage der Programmierung. Petra Schellen
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