das ding, das kommt: Einträchtige Institutionen
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Hannover ging voraus: Im Mai haben rund drei Dutzend Kultureinrichtungen eine Initiative gestartet, um auf die gesellschaftliche Relevanz von Kunst sowie die Not von Kulturschaffenden in der Coronakrise aufmerksam zu machen. „Staying Alive – Kultur öffnet“ heißt das Ganze, und „öffnen“ ist dabei metaphorisch gemeint, denn Kultur soll Herz, Sinne und Intellekt aufschließen.
Nun hat sich ein Dutzend Kultureinrichtungen aus Wolfsburg und Braunschweig zusammengefunden. Man will zeigen, was man dort zu bieten hat, und zwar, initiiert vom Kunstmuseum Wolfsburg, in einem Sonderheft des Berliner Magazins Monopol. Das ist bezahltes Corporate Publishing, kein unabhängiger Journalismus, aber immerhin der „erste Aufschlag, unsere Kultur gemeinsam zu präsentieren“, wie Wolfsburgs Erster Stadtrat Dennis Weilmann, Dezernent für Wirtschaft, Digitales und Kultur, sich erfreut äußert.
Das Heft kann sich in der Tat sehen lassen: In harmonischster Eintracht wird der gern gepflegten Konkurrenz zwischen den so unterschiedlichen Städten eine klare Absage erteilt. Braunschweig kann auf über 1.000 Jahre Geschichte zurückblicken und mit dem „Louvre des Nordens“, dem Herzog-Anton-Ulrich-Museum (HAUM), eines der ältesten Museen Europas aufweisen. Wolfsburg, ab 1938 als Wohnsiedlung einer Autofabrik aus dem Boden gestampft, punktet mit seinem 1994 eröffneten Kunstmuseum für Zeitgenössisches, das sich trotz interner Krisen internationaler Wahrnehmung erfreut. Drittes Schwergewicht im Bunde ist Braunschweigs kulturhistorisches Landesmuseum. Deren Direktor:innen plaudern im mehrseitigen Interview über ihre Visionen. So muss das Landesmuseum wegen der Grundsanierung seines Stammhauses als „wildes Museum“ in die Region ziehen, das Kunstmuseum Wolfsburg soll zu einem „dritten Ort“ (neben Wohnung und Arbeitsplatz) werden und das HAUM will seine Potenziale für die Gegenwart fruchtbar machen.
Resultieren daraus Kooperationen? Susanne Pfleger, Leiterin der Städtischen Galerie Wolfsburg, bleibt besonnen: Regionale Zusammenarbeit gibt es ja seit Langem. Sie zeigt Meisterschüler:innen der Braunschweiger Kunsthochschule, arbeitet mit dem dortigen Kunstverein, hat 2018 mit dem Museum für Photographie Braunschweig die zweiteilige Ausstellung der Künstlerin Jitka Hanzlová organisiert. Und bereits 2012 bediente sich das Kunstmuseum Wolfsburg der Sammlung des HAUM, zeigte Ornamentgrafik als Wegbereiter der Abstraktion.
Alles bestens? Nochmals nach Hannover: Kultur will dort die Politik erreichen. Von ihr wären „klare Regelungen“ zu fordern, „die die Besonderheit des kulturellen Schaffens beachten und Soloselbstständige und freie Gruppen genauso im Blick haben wie institutionelle Einrichtungen“.
Bettina Maria Brosowsky
„Monopol“-Sonderheft Wolfsburg/Braunschweig: 60 S., 10,80 Euro Print, 8,00 Euro digital
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