corona in hamburg: „Die Schädlinge werden nicht weniger“
Interview Pascal Patrick Pfaff
taz: Herr Bolz, warum sind Sie als Schädlingsbekämpfer systemrelevant?
Manfred Bolz: Ganz einfach: Wenn wir aussetzen und zu Hause bleiben, dann werden die Schädlinge nicht weniger. Die Gastronomie hatte zum Beispiel zwei bis drei Monate zu. In der Zeit müsste man dort auch nach Schädlingen oder anderen Schwachpunkten schauen.
Konnten Sie zuletzt überhaupt arbeiten?
Es war schwierig, weil viele Kunden Angst vor Kontakt haben. Und die Gastronomie hat wichtigeres zu tun, als Geld für Schädlingsbekämpfung auszugeben. Wir haben zwar mit unserer Arbeit weitergemacht, aber die Nachfrage durch die Kunden sank um 20 bis 30 Prozent. Meistens wurden Aufträge im Privatbereich ausgesetzt. Ich denke, die Leute sind ängstlich geworden. Wenn wir zu ihnen kommen, fällt es ja allen anderen auf, dass sie Schädlinge haben. Das hat einen Fremdschäm-Faktor. Trotzdem normalisiert es sich langsam für uns wieder.
Könnten Schädlinge vielleicht sogar bei der Übertragung des Coronavirus eine Rolle spielen?
Ich kann nur spekulieren: Laut Medien waren es Menschen, die Corona übertragen haben. Doch das Virus gibt es schon länger; da könnte es auch sein, dass Ratten, die in der Kanalisation leben, Überträger sind. Möglicherweise wirkt sich ja auch ein Anstieg ihrer Population auf die Infektionszahlen aus. Letztlich kann ich das aber nicht beurteilen, dies wäre unseriös.
Gibt es Anhaltspunkte für Ihren Gedanken?
Wenn man bei Google die Suchbegriffe „Durchseuchung“, „Abwassersystem“ und „Ratten“ eingibt, dann findet man dort Artikel, die eine Verbindung möglich erscheinen lassen. Ich weiß, dass das Abwasser in der Kanalisation auf Durchseuchung getestet wird. Man prüft dort auch auf das Coronavirus. Da Ratten in diesem Milieu ihre Nahrung finden, habe ich diese Verbindung hergestellt.
Sind die Ratten in Hamburg denn mehr geworden?
So wie ich es behördlicherseits gehört habe, soll es nicht so sein. Ich bin jedoch der Meinung, dass es mehr Tiere gibt. Ob das nun witterungsbedingt oder durch weniger Gifteinsatz bei den Bekämpfungsmaßnahmen so ist, kann ich nicht sagen. Es ist aber auch möglich, dass sie einfach sichtbarer geworden sind. Schließlich werden sie durch Vogelfutter oder Wassertränken angelockt und somit quasi zu „Haustieren“ trainiert.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen