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corona in hamburg„Wir sehen die Not der Frauen“

Gestern war der Tag der Sexarbeiterinnen. Am 2. Juni 1975 besetzten mehr als 100 Prostituierte die Kirche Saint-Nizier in Lyon, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen.

Interview Michelle Bauermeister

taz: Frau Berding, wie sieht die aktuelle Situation der Sexarbeiterinnen in Hamburg aus?

Ines Berding: Das hängt davon ab, ob die Frau hier angemeldet gearbeitet hat oder ob sie illegalisiert hier im Land ist und keinen Anspruch auf Hilfen hat. Die Frauen, die angemeldet waren, haben im Moment die Möglichkeit, staatliche Leistungen zu beantragen, also das Arbeitslosengeld II. Aber sie haben nach wie vor ein Berufsverbot.

Das Prostitutionsverbot fordern SPD-Bundesabgeordnete auch nach Corona.

Es gibt auch sehr viele engagierte Menschen, die sich dafür einsetzen, dass dieses Verbot nicht bestehen bleibt. Ich weiß auch, dass es zumindest in der SPD auch viele Gegenstimmen gibt oder diejenigen, die ganz klar sagen, dass das völlig kontraproduktiv sei. Und es hätte nichts damit zu tun, dass es natürlich auch Frauen gibt, die in Zwangskontexten arbeiten. Das muss man getrennt voneinander betrachten. Das ist Menschenhandel. Das hat mit der Sexarbeit in dem Sinne gar nichts zu tun. Gerade die Stadt Hamburg hat ihr Marketing auf ein Milieu wie St. Pauli aufgebaut. Da kann ich mir eher schwer vorstellen, dass das hier verboten werden würde.

Wovon leben Sexarbeiterinnen, wenn sie ihren Beruf nicht ausüben dürfen?

Foto: privat

Ines Berding

38, ist Sozialarbeiterin bei der Fachberatung Prostitution Sperrgebiet.

Viele Frauen leben gerade von den staatlichen Leistungen und den einmaligen Soforthilfen in Höhe von 2.500 Euro. Sie sind also ein bisschen abgefedert, aber natürlich ist das alles am Rande des Existenzminimums. Ein großes Problem, das wir auch sehen, ist, dass illegalisierte Frauen hier auf dem Straßenstrich arbeiten. Das sind oft Frauen aus Bulgarien und Rumänien, die keinen Aufenthaltsstatus haben. Die stehen auf der Straße. Und wir konnten viele Frauen anonym unterbringen in Hotels, die finanziert wurden von der Behörde. Es gibt auch den Notfallfonds vom Berufsverband Sexarbeit, der zu Beginn der Coronakrise ins Leben gerufen wurde. Er richtet sich speziell an Frauen, die keinen Anspruch auf staatliche Unterstützung haben. Viele greifen auch jetzt vermehrt auf Angebote wie die Tafel zurück. Und es gibt immer noch Frauen, die trotzdem arbeiten, weil sie ansonsten kein Geld zum Leben hätten.

Treibt Corona die Frauen in die Illegalität?

Es sind gerade die Frauen, die keinen Anspruch auf staatliche Leistungen haben oder denen der Weg zur staatlichen Leistung sehr schwer gemacht wird. Und das Problem ist, dass die Frauen natürlich arbeiten müssen. Wir raten ihnen, dass sie es nicht machen sollen. Aber auf der anderen Seite sehen wir natürlich die Not der Frauen.

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