corona in hamburg: „Den Folgen des Virus schutzlos ausgeliefert“
Interview Michelle Bauermeister
taz: Herr Schremmer, profitiert das Projekt „Goldeimer“ von der Corona-Krise?
Malte Schremmer: Kommt drauf an. Toilettenpapier haben wir jetzt viel verkauft. Der Umsatz im Onlineshop hat sich verdreifacht.
Sie verkaufen Klopapier und unterstützen mit den Einnahmen Sanitärprojekte von Viva con Agua und der Welthungerhilfe.
Ja, allerdings sind wir ab nächster Woche ausverkauft. Statt konstant Toilettenpapier in gleichen Mengen zu verkaufen, gab es jetzt einen Peak. Unsere Festivalsaison steht momentan auf der Kippe. Deswegen kann ich noch nicht beurteilen, ob wir davon profitieren oder nicht. Ich glaube, viele Leute, die unser Toilettenpapier sonst nicht kaufen, werden darauf aufmerksam und halten das hoffentlich für eine unterstützenswerte Sache. Das könnte ein positiver Effekt sein.
Wie geht „Goldeimer“ mit der enorm hohen Nachfrage nach Toilettenpapier um?
Wir lassen unser Toilettenpapier von WEPA in Mainz und Arnsberg produzieren. Dementsprechend haben wir mit den Abläufen wenig zu tun. Ich persönlich finde es bescheuert, dass so viel Toilettenpapier gehamstert wird und dass sich die Leute egoistisch verhalten.
Wie wirkt sich die Nachfrage auf die Produktion aus?
Die stehen ganz schön unter Dampf. Sie müssen die Produktion effizienter machen und weiter hochfahren. Die Mitarbeiter:innen sind ausgelastet und versuchen die Lieferengpässe zu stopfen. Für uns konkret bedeutet das: Unser Toilettenpapier ist normalerweise mit Infos bedruckt und gleichzeitig ein Flyer. Das geht für die nächste Produktion Anfang Mai nicht, weil der Produktionsprozess zu aufwendig wäre.
Hat die Corona-Krise sonst Auswirkungen auf Ihre Arbeit?
Man sieht jetzt, dass das Thema „Water, Sanitation, Hygiene“, kurz WASH, immer wichtiger wird. Wir sind in Deutschland in einer sehr vorzüglichen Situation, da wir sauberes Wasser und eine funktionierende Infrastruktur für Abwasser und Toiletten haben. Für die Länder im Globalen Süden ist die jetzige Situation verheerend. Wenn sich dort die Pandemie weiter ausbreitet, haben die Menschen weder einen Schutzraum, noch können sie arbeiten oder sich vernünftig die Hände waschen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Virus dort schneller ausbreitet ist dadurch noch stärker gegeben. Das Thema, das wir seit Jahren versuchen in der Öffentlichkeit zu platzieren, ist gerade jetzt wichtig, um Maßnahmen für Menschen zu unterstützen, die den Folgen des Virus schutzlos ausgeliefert sind.
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