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contra anklageHinschauen!

Ein Palästinenser hängt seinen Kindern Sprengstoffattrappen um und zieht so auf eine Demonstration. Das Bild ging um die Welt, es löste Empörung und Entsetzen aus. Zu Recht. Denn niemand kann die Selbstmordattentate der Palästinenser in Israel gutheißen.

Aber gehört der Mann deswegen nun vor ein Gericht? Mit seiner für uns unerträglichen Geste hat er die Wahrnehmungsebene vieler Palästinenser verdeutlicht. Die Auffassung und damit auch die Meinung des Anderen aber darf, ja sie muss manchmal sogar schmerzen. Nur dem, der versucht, anderen zuzuhören, kann gelingen, fremde Motive zu verstehen. Das heißt noch lange nicht, sie zu akzeptieren. Doch wer die Auffassung eines anderen unter Strafe stellt, wird, so steht zu befürchten, das Gefühl der Ausgegrenztheit nur noch verstärken.

In den USA, für die wir alle laut Kanzler uneingeschränkte Solidarität empfinden und leisten sollen, ist freedom of speech, die Meinungsfreiheit, eins der in der Verfassung verbrieften, unantastbaren Rechte. Zu Recht.

Die Geste des Palästinensers hat wehgetan, aber sie hat niemand körperlich verletzt. Solange sich jemand auf der bloßen Ebene der Worte oder Bilder bewegt, bleibt die Möglichkeit, ihm auf derselben Ebene zu begegnen. Die sollte man nutzen. GEREON ASMUTH

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