bush in brüssel: Kritik blieb oberflächlich
Die vorsichtige Kritik an den Raketen„abwehr“plänen der USA, die Präsident Bush gestern zumindest von einigen europäischen Amtskollegen zu hören bekam, war notwendig. Aber sie war nicht hinreichend.
Nötig war die Kritik, weil sich eine weitere Aufrüstungsrunde auch mit den neuen Mehrheitsverhältnissen im US-Senat keineswegs erledigt hat. Denn selbst wenn die Demokraten – wie angekündigt – die Verschwendung von kostbaren Steuergeldern für das „Abwehr“programm einschränken sollten, wird die Bush-Regierung nicht aufgeben. Damit wird dieses Aufrüstungsvorhaben weiter seine destabilisierende Wirkung entfalten und anderen Ländern wiederum als Vorwand zur Aufrüstung dienen – auch wenn es reduziert, zeitlich gestreckt oder (vermeintlich) unterfinanziert ist und trotz aller technischen Probleme.
Kommentarvon ANDREAS ZUMACH
Doch wenn die Kritik wie gestern beschränkt bleibt auf die Kosten, die technische Machbarkeit und die destabilisierenden Folgen des Projekts, dann ist sie unzureichend und nur begrenzt wirksam. Es ist höchste Zeit, endlich den tatsächlichen militärischen Zweck, den Umfang und den Gesamtkontext des Vorhabens auf breiter Grundlage zu diskutieren. Dazu gehört auch die Kritik an dem ideologisch-politischen Argument der „Bedrohung durch Schurkenstaaten“, das Washington bisher als öffentliche Begründung dient.
Wer bereit ist, die US-Militärstrategie seit dem Ende des Kalten Krieges und die entsprechenden Entwicklungs- und Beschaffungsprogramme zur Kenntnis zur nehmen, der kann nur zu einem einzigen Schluss kommen: Was öffentlich als Raketen„abwehr“programm verkauft wird, ist tatsächlich Teil einer Gesamtplanung, die die nationale Droh-, Interventions- und Kriegsführungsfähigkeit der USA ausbauen soll – zu Land, in der Luft, auf dem Wasser und im Weltraum. Mit konventionellen, atomaren und neuartigen Waffen.
Von einer „Überwindung der Abschreckung“, wie Bush die Absage an den ABM-Vertrag preist, kann überhaupt keine Rede sein. Im Gegenteil: Die Instrumente zur (Droh-)Abschreckung sollen erheblich verschärft werden, allerdings künftig nur noch für eine einzige Macht verfügbar sein.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen