brandenburg: Der Versuch der Verdrängung
Man sieht die Absicht und ist verstimmt: In dem schönen Land um die Hauptstadt schnappen die Reflexe ein – die CDU versucht mal wieder, das Thema Rechtsextremismus zu verdrängen. Innenminister Jörg Schönbohm, Landeschef der Konservativen, lügt sich die Situation schön, indem er auf die sinkende Zahl rechtsextremer Gewalttaten verweist. Der innenpolitische Sprecher seiner Partei stänkert gegen das „Aktionsbündnis“ gegen rechts, zu dem (leider, leider!) auch Linke gehören. Und sein Staatssekretär Eike Lancelle (CDU) warnt vor angeblicher Hysterie beim Thema Rechtsextremismus – als bedeute vermehrte Aufmerksamkeit für den braunen Sumpf bereits eine „abnorme seelische Verhaltensweise“, wie der Duden das Wort übersetzt.
Kommentar von PHILIPP GESSLER
Die Strategie dahinter ist klar: Die CDU in der Mark will Gruppen wie den Mobilen Beratungsteams gegen Rechtsradikalismus so den Wind aus den Segeln nehmen. Denn solche Initiativen sagen, was unangenehm ist – und konservative Wähler verschreckt: dass der Rechtsextremismus nicht vom Mars, sondern aus der Mitte der Gesellschaft kommt. Dass viele Politiker, nicht nur aus der Provinz, das Thema lieber wegschieben, wenn sie sich überhaupt des Problems bewusst sind. Und dass es eben auch „strukturellen Rassismus“ im Lande gibt: etwa, wenn Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, flugs und mitleidslos im Knast landen, zur Abschiebung.
Wenn es denn wirklich so etwas gibt wie eine „Zivilgesellschaft“, wäre es deshalb an der Zeit, sich diesem Bestreben der CDU entgegenzustellen. Brandenburg muss auf seine Probleme und ihre Ursachen in der Mitte der Gesellschaft schauen, anstatt sie zu verdrängen. Am Ende gibt es dazu keine Alternative. Was heute verdrängt wird, kommt stets umso gewaltiger zurück.
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