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betrifft: völkerrrechtBloße Vergeltung ist verboten

Das Völkerrecht erlaubt Militärmaßnahmen nur zur Selbstverteidigung

Die UNO-Charta enthält ein verbindliches internationales Gewaltverbot. Zulässig sind Militärmaßnahmen deshalb nur in Ausnahmefällen – entweder in Ausübung des Selbstverteidigungsrechts oder mit Billigung des UN-Sicherheitsrates zur Bewahrung des Friedens. Reine Bestrafungs- und Vergeltungsaktionen sind im Völkerrecht verboten. Das Selbstverteidigungsrecht kann ein Staat bei einem „bewaffneten Angriff“ wahrnehmen. Als Angriff in diesem Sinn gelten Anschläge von terroristischen Gruppen aber nur, wenn sie einem konkreten Staat zuzurechnen sind.

Wenn also Afghanistan die Terrorgruppe Bin Ladens mit Anschlägen beauftragen würde, dann gälte dies als Angriff Afghanistans auf die USA, und diese könnten gegen Afghanistan militärisch vorgehen. Allerdings gilt das Selbstverteidigungsrecht nur gegen fortdauernde oder unmittelbar bevorstehende Angriffe. Israel und die USA argumentieren zwar stets mit einem „präventiven Selbstverteidigungsrecht“, das weit im Vorfeld ansetzt und die Ermordung von „Schlüsselfiguren des Terrors“ erlaubt. Dieser Ansatz wird im Völkerrecht überwiegend nicht anerkannt, da er das Gewaltverbot zu sehr aushöhlt.

Völkerrechtswidrig wären deshalb auch entsprechende Hilfsmaßnahmen der Nato. Ein Angriff auf Afghanistan wäre aber schon deshalb ausgeschlossen, weil das Land Bin Laden nicht steuert, sondern lediglich logistisch unterstützt (falls die Tat Bin Laden überhaupt nachgewiesen werden kann). So stellte der Internationale Gerichtshof 1986 fest, dass die Unterstützung der antisandinistischen Contras durch die USA keinen bewaffneten Angriff auf Nicaragua darstellt. Wenn in solchen Fällen eine „Bedrohung des Friedens“ vorliegt, müsste der UN-Sicherheitsrat Sanktionen und notfalls militärische Maßnahmen beschließen. Erst recht ausgeschlossen sind Vergeltungsschläge gegen Bin Laden selbst. Für die Aufarbeitung von Terroranschlägen ist die Justiz zuständig und nicht das Militär. Das gilt auch, wenn sich der vermeintliche Hintermann in einem anderen Land aufhält und dieses nicht zur Auslieferung bereit ist. Hier muss der UN-Sicherheitsrat Sanktionen beschließen, um das Land zur Auslieferung zu zwingen. Derartige Sanktionen sind gegen Afghanistan wegen Bin Laden auch bereits seit 1999 in Kraft. Dass sie nicht per se aussichtslos sind, zeigt der Fall Lockerbie. Hier akzeptierte Libyen nach jahrelangen Sanktionen schließlich ein Gerichtsverfahren gegen die zwei vermeintlichen Urheber. Eine Weiterentwicklung des Völkerrechts können USA und Nato auch nicht im Alleingang durchsetzen. Nur wenn Staatenpraxis und Rechtsüberzeugungen weltweit und ganz überwiegend die geplanten Maßnahmen der USA gutheißen, wäre die UN-Charta künftig in diesem Sinne auszulegen. CHRISTIAN RATH

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