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Ermittlungen per SmartphonePolizei will eigene Überwachungs-App

In England versuchen die Behörden mithilfe der Bürger und ihren Mobiltelefonen, Vandalen zu fassen. Polizeigewerkschaftler finden diese Idee auch für Deuschland charmant.

Kann eine App der Polizei helfen, Vandalen etwa bei Maidemos zu fassen? Bild: dpa

BERLIN taz | Auf Facebook sind deutsche Polizisten schon unterwegs. Sie klicken sich durch Profile, suchen Verbindungen von Personen. Und sie veröffentlichen auch Fahndungsaufrufe in sozialen Netzwerken. Die sollen Nutzer dann teilen, damit möglichst viele darauf aufmerksam werden.

Dass englische Ermittler nun per Smartphone-App die Bürger in die Jagd auf mutmaßliche Straftäter einbinden, weckt bei deutschen Polizeigewerkschaftern Begehrlichkeiten. „Auch in Deutschland sollte der Polizei ein solches Instrument zur Verfügung stehen“, sagt Bernhard Witthaut, Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), der taz. Ihn beschäftigt nur, dass Mehrarbeit auf die Polizisten zukommen würde, „weil man jeder Spur auch nachgehen muss.“

Auch von der Konkurrenzgewerkschaft kommt Zustimmung. Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), sagte der taz: „Die Polizei kann mehr als Fahndungsplakate aufhängen“. Wenn es jetzt moderne Möglichkeiten gibt, dann müsse man die auch nutzen. Selbstverständlich müssten aber die strengen Voraussetzungen zur Öffentlichkeitsfahndung berücksichtigt werden.

Bei Datenschützern kommen die Pläne nicht gut an. „Das eröffnet der Denunziation Tür und Tor“, kritisiert Rena Tangens, Vorstandsmitglied des Bürgerrechtsvereins Foebud, der jährlich die Big-Brother-Awards verleiht. Sie sieht die Gefahr, dass Unschuldige stigmatisiert und Zeugen in Gefahr gebracht werden. Es sei für eine Gesellschaft „hochgefährlich“, wenn die Dauerüberwachung durch andere Personen gefördert wird.

Auch Deutschlands oberster Datenschützer Peter Schaar hat Bedenken: Die Fahndung im Internet habe eine andere Qualität als Fotos in Zeitungen oder auf Plakaten: „Schließlich kann niemand ausschließen, dass diese Bilder an anderer Stelle im Netz wiederauftauchen.“ Grundsätzlich müsse bei einer Öffentlichkeitsfahndung die Verhältnismäßigkeit eingehalten werden: nur bei erheblichen Straftaten und einem konkreten Anfangsverdacht gegen die abgebildete Person. Und es müsse klar sein, ob die Person als Beschuldigter oder Zeuge gesucht werde.

Eigene Server für Facebook-Fahndung

Elke Steven vom Komitee für Grundrechte und Demokratie sieht eine weitere Gefahr: Menschen könnten davon abgehalten werden, sich politisch zu betätigen, wenn auch Bilder von Demonstrationen zur Fahndung benutzt werden: „Das wäre katastrophal für die Demokratie.“

Schon die Fahndung in sozialen Netzwerken ist rechtlich umstritten, vor allem weil Facebook Fotos und andere Daten auf Servern in den USA speichert, wo deutsches Recht nicht gilt. Die Bundesländer, die auf Facebook fahnden, haben inzwischen auf die Kritik von Datenschützern reagiert.

Niedersachsen leitet die Nutzer gleich auf seine eigenen Seiten weiter, die Fahndungsfotos der hessischen Polizei sind zwar auf der Facebook-Seite zu sehen, liegen aber auf eigenen Polizeiservern und damit im deutschen Rechtsraum. Ein Informant kann dort nicht offen kommentieren, sondern muss sich erst auf die Polizei-Seite durchklicken, um dort seine Hinweise loszuwerden.

Damit soll verhindert werden, dass Verdächtige mit Namen bekannt werden und Besuch von einem online angestachelten Mob bekommen.

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14 Kommentare

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  • S
    sigibold

    Mir geht schon ZDF XY zu weit. Konsequent bin ich auf einem anderen Kanal wenn denn an der Glotze. Ich kann hier gar nicht wirklich sagen was ich von so einer Hatz-App halte. Das würde sicher die Nettikette sprengen. 1984 - Was waren das für harmlose Träumereien.

  • S
    swilly

    "Der schlimmste Lump im ganzen Land ist

    und bleibt der Denunziant."

     

    Ich weiss, ein ganz altes Zitat.... aber immer noch sehr aktuell!

     

    Gelle Herr "Demokrat und "Carsten"... und andere Blockwarte!

  • N
    NEULICHvonDAMALS

    die "nichtöffentliche" fahndung ist abschreckender!

  • T
    Thomas

    "Jene, die grundlegende Freiheit aufgeben würden, um eine geringe vorübergehende Sicherheit zu erwerben, verdienen weder Freiheit noch Sicherheit", sagte einst Benjamin Franklin sinngemäß.

     

    Wollen wir in einer Überwachungsgesellschaft oder in einer freien Gesellschaft leben? Das ist die grundlegende Frage, die sich alle Jubelperser stellen sollten, denen quasi jedes Mittel recht und billig ist, nur um sich der Illusion von mehr Sicherheit und besserer Strafverfolgung hingeben zu können.

     

    Und selbst wenn alle im Volk bis auf einen dafür wären: Die Mehrheit kann nicht die jedem per Verfassung zuerkannten Grund- und Freiheitsrechte aufheben.

  • JH
    Journalismus heute

    Worum gehts in diesem Artikel eigentlich? Um "ein solches Instrument"? Um "moderne Möglichkeiten"? Aus dem Artikel geht nicht hervor, was genau "die Plände" eigentlich sind! Was soll diese App den genau leisten? Inwiefern sollen sich die Bürger den an der Überwachung beteiligen?

     

    Dieser Artikel ist schlichtweg öberflächlich und naiv! Leute, ich muss doch als kritischer Mensch und politische Natur von einem sich selbst als linke Tagszeitung begreifenden Medium ein bisschen mehr Informationen erwarten dürfen, als das, was hier publiziert wurde!

     

    Hier werden lediglich Klischees bedient (die Gefahren "moderner Technik", "Vandalen bei Maidemos" - würg!!). Es werden einander kurze, konträre Meinungen gegenübergestellt, die allerdings teilweise in vollkommen unterschiedlichen Kontexten entstanden sind. Wieso wird die Smartphone-App mit Bestrebungen der Exikutive, das Internet als Plattform zu nutzen, in einen Topf geworfen? Wieso habe ich soviele Fragen und bin nicht einen deut informierter, nachdem ich euren Artikel gelesen habe? Und wieso passt die Überschrift nicht zum Artikelinhalt? Und wieso tummenln sich hier im Kommentarbereich eigentlich ständig diese ganzen konservativen Flitzpiepen?

     

    Wahrscheinlich, weil ich der einzige "Linksterrorist" bin, der sich hierher noch hin und wieder verirrt! Danke liebe taz, für eure kritische Haltung! Das einzige, was hier noch transportiert wird, ist ein wager Habitus. Und das wars dann auch schon...

  • 0
    0rdnungskraft

    Wanted: Araber mit blauer Jacke. Hat irgendwie komisch geguckt und plant möglicherweise Terroranschlag. Bei Auffinden sofort überwältigen und der Polizei ausliefern!

  • V
    VICTIM.VETO

    Es vergeht kaum eine Woche, in der die Polizeigewerkschaften nicht irgendeine Ausweitung der polizeilichen Befugnisse fordern, natürlich immer zum Schutze des Bürgers. Es wäre schön, wenn die geforderte Transparenz auch endlich auf die eigene Klientel angewendet würde. Stattdessen wird schon der Wunsch nach einer Kennzeichnung der Beamten immer wieder als "Generalverdacht" diskreditiert.

  • R
    rocker

    ja, ich finde auch, wir brauchen unbedingt mehr staatliche kontrolle und vor allem überwachung allzu freigeistiger elemente. man kann ja kaum noch vor die tür gehen, ohne von den ganzen krawallmachern und terroristen eine rein zu kriegen. ich hab echt schiss, und will, dass der staat mich mit seiner polizei und der bürgerwehr rund um die uhr schützt.

  • W
    Wow

    Entweder sind hier verdammt viele Trolle unterwegs oder viele taz-LeserInnen sind verdammt konservativ geworden...

  • M
    Mercutio

    @Demokrat

     

    Ich stimme dir beim ersten Satz völlig zu.

    Beim zweiten stelle ich eher die Frage, wer es denn letztlich ist, der DAS Land, unser ist es nicht, kaputt macht. Wie geschichtlich durchaus auch schön zu beobachten ist, kommen die extremen Haltungen und Meinungen immer dann, wenn gerade eh etwas gehörig nicht stimmt. Oder willst du als Demokrat wirklich sagen, dass wir noch eine echte Demokratie hier haben?

  • L
    lowandorder

    Hurrä, Hurrä - Hurra;

    Er ist wieder da!

     

    Der Blockwart - jetzt auch 2.0

    Deutsche - Polizei:: " Facewatch" auch für deutsche Polizei!"

    Aber ja, schließlich wollen die smartphoneRentner beschäftigt werden.

    Und ein Oberstupidienrat a.D. ist mit der Müll-Trennungs-Kontrolle etc nicht ausgelastet.

    Und Kinder, die nicht ausgelastet sind - ? genau, kommen auf dumme Gedanken,

    rennen vor Autos usw.

     

    Nein, nein - Blockwart reloaded 2.0, das isset.

     

    Akzeptabel erscheint mir das, wenn die rechtsaffinen Gegenstücke( was du bekämpfst wirst du auch) der Polizei ins Netz eingestellt werden:

    Also - 'Der Mann der Benno Ohnesorg erschoß' - Heinz Kuraß ( nein, nicht John Wayne)

    ' Die A-45 LKW-Abzocker; ( Fleisch/LebensmittelSupermarktBetreiber im

    PolizeiIntranet; garantiert frische Erpresserware)

    usw…

     

    Wenn Bernhard Witthaut le chef de GdP zustimmt, sehen wir weiter.

  • C
    Carsten

    Die Einwönde sind kindisch. Gerade im Hinblick auf die 1.-Mai-Krawalle wäre es super, wenn kriminelle Landfriedensbrecher auf diese Weise ermittelt und verurteilt werden könnten.

  • R
    reblek

    "In England versuchen die Behörden mithilfe der Bürger und ihren Mobiltelefonen..." - Schönes Grammatik: "mithilfe ihren Mobiltelefonen".

  • D
    Demokrat

    Könnte man nicht einfach das Volk befragen ob man so eine Überwachung einführen soll oder nicht?

     

    Ich wäre auf jeden Fall dafür. Wir dürfen uns unser Land nicht von Links-und Rechtsterroristen kaputt machen lassen!