berliner szenen: Im Kaffee Burger
Islandabend
So muss eine Kneipe aussehen. Holzverschalung über dem Tresen, gemütlich gedeckte Tische, diverse Funzeln, die den Raum aber nur dürftig beleuchten, Blümchen auf der Stofftapete. Das Kaffee Burger ist wie eine Ostberliner Variante des Westberliner Kumpelnest, vielleicht ein bisschen proletarischer. Und voller. Zumindest am Dienstagabend um halb zehn. Denn da ist im Kaffee Burger die Islandshow von Wolfgang Müller angekündigt. Wer um elf kommt, schafft es allerdings auch noch mühelos, Müller bei Songs von helfenden Elfen zuzuhören und danach Dias mit Porträts vom isländischen Präsidenten zu gucken.
Wenn Müller singt, lachen die Leute. Besonders zwei seifige Startup-Twens, die den Gesang mit ihren 2.000 Mark teuren Gucci-Handys auf irgendwelche Büromiezen-Anrufbeantworter überspielen – damit die Angestellten wissen, wie schräg der Chef nach der Arbeit so drauf ist. Ein paar Isländer lachen auch, weil sie die Texte witzig finden, die Müller über das Land erzählt, das vor jedem Straßenbau erst nachschauen muss, ob auf der geplanten Strecke nicht noch Zauberwesen wohnen. Aber auch der Besitzer des einzigen Penis-Museum hat seinen Charme, wie er da auf dem Dia im Wollpullover vor seiner Schwanzsammlung steht.
Der Abend ist Müllers Geburtstagsfeier und seine Record-Release-Party zugleich. Er hat drei Songs aufgenommen: Isländische Chöre singen zur Melodie der deutschen Nationalhymne ein altes Trinklied, Müller kontert mit einem Beach-Boys-artigen Stück über Elelelelelfen und Zwerererererge, die er gesehen hat. Im Hof brät ein merkwürdiger Mensch seit Stunden Schnitzel. Bis Weihnachten will er durchhalten. HF
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