berliner szenen: Im Schatten des Euro
Pfennigfuchsen
Als preisbewusster Mensch kaufe ich meist beim Plus zwei Straßen weiter ein. Nur die Brötchen hole ich zwei-, dreimal die Woche beim Kaiser’s an der Ecke genau gegenüber dem SEZ. Dort sind sie meist noch warm und knusprig und deswegen ganz lecker. Irgendwie hat es sich in den letzten Wochen ergeben, dass ich meine zwei oder drei Brötchen (zu jeweils noch 30 Pfennig !) immer mit Groschen und Sechsern bezahlte. Die sammeln sich schnell an, nur wird man sie so schnell nicht wieder los. Genauso geht es mir mit Pfennigen. Deshalb habe ich öfter statt dem neunten Groschen lieber zehn Pfennige oder auch Zweier und Einer zusammengesucht.
Eine Fachverkäuferin mit dunkelrot gefärbten Haaren nahm das Kleingeld stets ohne Murren an. Nur manchmal guckte sie beim Nachzählen etwas verdrießlich. Gestern erstand ich wieder einmal drei Brötchen bei ihr. Ich bezahlte mit zwei Mark, bekam also eine Mark und zehn Pfennige zurück. Letztere aber im wahrsten Sinne des Wortes. Denn die Rothaarige sagte nur, dass es noch einen Moment dauere, und zählte zehn einzelne Pfennige zusammen. Dann reichte sie das Geld rüber, entschuldigte sich aber mit einem „Anders habe ich es leider nicht“. Ich erwiderte gelassen und gar nicht so sauer mit einem breitem Grinsen, dass ich es andersherum öfters ja genauso mache. Sie lächelte und sagte nur: „Ich weiß, ich weiß!“ Rache kann eben doch süß sein.
ANDREAS HERGETH
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