anti-kriegs-demos: Wo krieg ich meinen Frieden?
Tag X, 18 Uhr, an der Weltzeituhr, bei der lang angesetzten Spontandemo gegen den Krieg. „Könnt ihr da drüben jetzt mal aufhören, uns zu unterbrechen“, meckert der MLPD-Lautsprecher. „Wir haben die Kundgebung aber angemeldet“, kontert die PDS-Box. „Aber unser offenes Mikrofon . . .“, ruft der Marxist. „Wir wollen eine gemeinsame Kundgebung machen“, fallen sie sich schließlich mit identischen Worten ins Wort. Minutenlang kämpfen die Inhaber der beiden Mikros um die akustische Hegemonie auf dem Alexanderplatz, bis sich der PDS-Abgeordnete Freke Over durchsetzt: „Dieser Bus ist zwar als PDS-Bus erkennbar, aber er ist heute der Lautsprecherwagen des Bündnisses gegen den Krieg. Und nun spricht die PDS-Landesvorsitzende Petra Pau.“
Kommentarvon GEREON ASMUTH
In Zeiten des Krieges ist es schwierig, für Frieden zu sein. Nicht nur, weil der Mainstream auf Bomben steht. Sondern weil es den wenigen, die noch dagegen protestieren, eher ums eigene Weltbild oder Parteiprogramm geht. Die Demo-Redner sind nicht einfach gegen die unmenschliche, weil mörderische Bombardierung. Sie sind gegen den Krieg, weil nur weltweiter Sozialismus ihn verhindern könne. Oder weil die USA am liebsten auch gleich kolumbianische Drogenplantagen bombardieren wollten. Oder wegen Globalisierung, McDonald’s und Coca-Cola. Mag sein, dass alle Redner Recht haben. Aber wären die Angriffe gerechtfertigt, wenn der Sozialismus schon gesiegt hätte, die Kolumbianer auf Turkey wären und alle nur noch einheimisches Bier tränken?
Die Argumentationssalven werden sich bei den kommenden Demos leider wiederholen. Nur mit eingeschränkter Solidarität mag man mitgehen. Am liebsten würde man einigen Rednern kräftig aufs Maul hauen. Alles für meinen Frieden, versteht sich.
interview SEITE 22
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