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afrobeatDer permanente Affront

Donald Trumps plumper Politikstil ist afrikanischen Machthabern geläufig. Seine Afrikapolitik aber ist widersprüchlich: Handel hier, Brüskierung dort

Hat Donald Trump eine Afrikapolitik? Aus Trumps erster Amtszeit als US-Präsident sind so einige Perlen in Erinnerung geblieben, etwa die Bezeichnung afrikanischer Länder pauschal als „shithole countries“ und die Benennung eines fiktiven Staats namens „Nambia“. Er besuchte den Kontinent nie, als erster US-Präsident seit Ronald Reagan.

In den ersten 100 Tagen seiner zweiten Amtszeit glänzte Trump mit herablassenden Bemerkungen über ein Land namens Lesotho, „von dem noch niemand je gehört hat“, obwohl es dort eine US-Botschaft gibt, und das er mit Rekordzöllen belegte, obwohl dort ein Trump-Unternehmen T-Shirts für den Export in die USA herstellen lässt. Es seien Verbrecher aus aller Welt aus der Haft entlassen und in die USA geschickt worden, behauptete er später – „viele, viele Leute kommen von Kongo, ich weiß nicht, was das ist, aber sie kamen von Kongo und von der ganzen Welt rein“. Und vor wenigen Tagen, nachdem der US-Außenminister die Regierungen Kongos und Ruandas zu einer gemeinsamen „Grundsatzerklärung“ zwecks Entspannung ihres Konflikts gebracht hatte, schrieb Trump: „Große Nachrichten aus Afrika, wo ich ebenfalls damit beschäftigt bin, gewaltsame Kriege und Konflikte zu lösen. Ich weiß nicht, warum so viele dieser Ereignisse bei mir und meiner Regierung gelandet sind, aber das sind sie, und wir haben einen einzigartigen Job gemacht, sie zu LÖSEN oder sie in eine Position für FRIEDEN zu bringen. BLEIBEN SIE DRAN!!!“

Aber US-Politik besteht nicht nur aus Trump-Zitaten, so verlockend das sein mag. Einer der ersten Handlungen der USA in Afrika nach Trumps Amtsübernahme war die Tötung des mutmaßlichen globalen Führers des „Islamischen Staats“ (IS) in der autonomen Region Puntland in Somalia. In seiner ersten Amtszeit hatte Trump die US-Spezialkräfte in Somalia abgezogen. In seiner zweiten bombardiert er. Puntland liegt an der wichtigsten Handelsroute zwischen Asien und Europa, die aktuell von Jemens Huthi-Rebellen bedroht wird.

Das ist Machtpolitik alten Stils, aber darüber wird öffentlich nicht gesprochen. Wie alles bei Trump ist auch sein öffentlicher Umgang mit afrikanischen Ländern in erster Linie ein performativer Akt, der ihn gut aussehen lassen soll. Was Afrikaner selbst davon halten, ist egal. Die katastrophalen Folgen von Trumps ersatzloser Abschaffung der US-Entwicklungshilfsbehörde USAID und den Kahlschlägen in der HIV-/Aidsbekämpfung in Afrika zählen in Washington nicht.

Rein auf den Applaus der eigenen Basis gemünzt scheint der völlig bizarre Streit, den Trump Anfang Februar mit Südafrika vom Zaun brach. Verstärkt vom weißen Südafrikaner Elon Musk, hat die rechtsextreme Verschwörungstheorie vom „weißen Genozid“, der angeblich in Südafrika stattfindet, Einzug in Trumps Hirn gefunden. Nur wenige Wochen nach seiner Amtsübernahme fror Trump sämtliche wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Südafrika ein und bot den „Afrikaners“, wie die seit Jahrhunderten am Kap ansässigen weißen Buren heißen, die Umsiedlung in die USA an. G20-Treffen in Südafrika wurden von den USA boykottiert. Als Gründe wurden neue südafrikanische Landgesetze sowie Südafrikas Völkermordklage gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof genannt, aber darüber hinaus stellen rechtsextreme Kreise in den USA Südafrika komplett wahrheitswidrig als ein Land dar, das seine weiße Minderheit brutal unterdrückt.

Trumps Politikstil – Ahnungslosigkeit, Selbstüberschätzung, Sprunghaftigkeit, Skrupellosigkeit, Geringschätzung formalisierter Verfahren und Institutionen – ist dem vieler afrikanischer Präsidenten dennoch näher als der seines Amtsvorgängers. Seine Plumpheit wirkt sogar ehrlicher als das hochtrabende Auftreten von Obama und Biden, die öffentlich hehre Prinzipien predigten und in der Praxis doch nur Machtpolitik betrieben. Alles, was die bestehende Weltordnung kaputthaut, stößt bei sich progressiv gebenden Kräften in Afrika auf Zustimmung. Sie haben bisher Putin zugejubelt, nun gibt es Trump.

Als Afrikabeauftragten setzte Trump seinen Schwager ein: Massad Boulos, dessen Sohn mit seiner Tochter Tiffany verheiratet ist – Politik als Familienbetrieb ist in Afrika vertraut. Der gebürtige Libanese ist Trumps Nahostberater; er ist mit einer Frau aus Burkina Faso verheiratet und leitete früher in Nigeria eine Reihe von Filia­len globaler Unternehmen, hat also Praxiserfahrung. Seine erste Afrikareise führte ihn Anfang April in die DR Kongo sowie nach Kenia, Uganda und Ruanda, in Washington ist mittlerweile von einem Mineraliendeal mit der DR Kongo ähnlich dem umstrittenen Rohstoffdeal mit der Ukraine die Rede, und die Trump-Regierung setzt auch Bidens Vorstoß fort, mittels des großen Eisenbahnprojekts „Lobito Corridor“ Kongos Mineralien über Angola an den Atlantik zur Verschiffung in die USA zu bringen.

Insofern bildet sich unterhalb der performativen Ebene eine interessengeleitete, rein merkantile Afrikapolitik der USA heraus. Andererseits hält sich hartnäckig, und öffentlich viel sichtbarer, eine ideologiegeleitete, rein populistische Afrikapolitik, die sich in ständig neuen Affronts äußert.

Als Afrikabeauftragten setzte Trump seinen Schwager ein – Politik als Familienbetrieb ist in Afrika vertraut

So wurde Südafrikas Botschafter in den USA Mitte März zur unerwünschten Person erklärt, weil er „die Vereinigten Staaten und den Präsidenten hasst“, wie US-Außenminister Marco Rubio behauptete. Normalerweise führt so ein Vorwurf zu einer Einbestellung des Botschafters, nicht zu seiner Ausweisung. Zwischen Washington und Pretoria herrscht nun Eiszeit. Dass Südafrika, dessen regierende Ex-Befreiungsbewegung ANC starke historische Sympathien für Moskau pflegt, vergangene Woche Ukraines Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zum Staatsbesuch empfing, war eine klare Ansage vom Kap, dass man sich nicht einschüchtern lässt.

Denn gerade das antiwestliche Afrika stellt Selbstbewusstsein an erste Stelle. Man will kein Bittsteller sein. Auch nicht gegenüber Trump.

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