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ach bitte noch einmal! von TOM WOLF

Ein prominenter Anwalt hatte zur Bewirtung seiner Partygäste unsere mobile Catering-Einsatztruppe engagiert. Meine Rolle wurde mir verschwiegen, bis ich plötzlich vor zwei LP-großen Herdplatten stand. Mitten im Saal würde ich brillieren oder fallieren – ich, der Crêpe-Mann! Neidvoll lugte ich zum elsässischen Koch, der teilnahmslos auf eine Badewannenladung Flammkuchenteig einboxte. Keine Crêpe ward je zuvor von mir fabriziert!

Eine halbe Stunde Übungszeit: Ich kleckste Teig auf eine kalte Platte und fackelte beim Anwerfen des Gasfeuers die Kreppdekoration ab. Der Erstling wurde Kohle, und das Palettierschwert half nur beim Abkratzen. „Öl!“, schrie der Chef und flutete die Platten.

Mit einem T aus dünnem Stahlrohr wischte ich den Teig zielsicher ins Abseits. Der Müllkorb füllte sich mit vergurktem Material. Als mich der Chef zum Einkaufen vergessener Kleinigkeiten schickte, sann ich über Flucht nach.

Da aber entdeckte ich einen Verkaufsstand: eine Crêperie! Masochismus beschlich mich. Genau wissen wollte ich, woran ich scheiterte. Ich beobachtete die genialen Handgriffe der hübschen Crêpes-Frau. Fieberhaft zählte ich meine Barschaft. „Noch eine!“, bat ich. Und noch eine! Wie sich der Teig aus der Kelle auf die Platte ergoss und das „T“ behende darüberstrich, bis der Teig den Plattenteller ganz bedeckte, in einer exakt drei Millimeter dicken Schicht! Ein Stochern mit dem Plattmesser – und schwupps, schon flappte die Riesenoblate herum, wurde bestreut, gefaltet, beiseite gelegt. Peng! Crêpe lagerte sich auf Crêpe. Nach der fünften wurde die Crêpe-Könnerin misstrauisch, nach der zehnten vermutete sie Perversion. Doch da erklärte ich mein Studium für beendet und empfahl mich zufrieden mit meiner bunten Belegsammlung aller Geschmacksrichtungen.

Kurz darauf stand ich mit vor Ehrgeiz glühenden Ohren wieder an den Platten. Vergessen alle Fluchtgedanken. Ungläubig verfolgte der Chef, wie ich meinen auf wundersame Weise gewachsenen Crêpes-Stapel in Cointreau badete und mich genüsslich stärkte.

Nun ging alles wie von selbst: Der Lappen kam zum Einsatz, der Teig floss, das T rotierte, und – o Wunder – auf dem heißen Teller meiner Apparatur erschien eine waschechte Crêpe! Dann wurde es Ernst. Erste kleine Abnehmer kamen herbei und orderten Zimtiges, Apfelmusiges, Nutellaiges. Ein armes Mädchens musste immerhin noch einmal fünf Fehlversuche im Mülleimer verschwinden sehen, bis ich endlich dauerhaft Treffer auf Treffer landete. Bald waren die Kinder satt im Bett, und nur die Strafverteidiger-Fraktion blieb zurück.

Der Moment, da das Traditionswürzmittel von E. J. Cointreau (1819–1893) auf der heißen, schwammigen Trägersubstanz zischte, die unter meinen experimentierfreudigen Händen zuweilen saugkräftige Eierkuchendicke erreichte, ließ sie immer begehrlichere Blicke auf die Platten richten. „Ach bidde, könnense nich noch eine …?“, erklang bis weit nach Mitternacht. Es wurde ein unvergesslicher Abend für sie, dank mir – dem Cointreau-Mann.

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