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Zypern-Gipfel in New YorkHolprige Verhandlungen

Vertreter der griechischen und der türkischen Zyprioten treffen sich mit UN-Generalsekretär Ban Ki Mun. Ein gemeinsamer Bundesstaat ist noch in weiter Ferne.

Türkische Soldaten auf einer Parade in Nicosia im türkisch besetzten Teil Zyperns anlässlich des Jahrestags der "Türkischen Republik Nordzypern". Bild: dapd

NIKOSIA taz | Die Führer von griechischen und türkischen Zyprioten treffen am Donnerstag zu einem Gipfelgespräch mit UN-Generalsekretär Ban Ki Mun in New York zusammen. Die Vereinten Nationen erhoffen sich davon eine Beschleunigung der Bemühungen um eine Lösung des Zypernkonflikts.

Der zypriotische Außenminister Markos Kyprianou machte im Gespräch mit der taz deutlich, dass man keinen Durchbruch in den seit zwei Jahren laufenden Verhandlungen zwischen dem zyperngriechischen Präsidenten Dimitris Christofias und seinem zyperntürkischen Gegenspieler erwartet. "Ich erwarte, dass sich eine Möglichkeit ergibt, den Verhandlungsprozess zu überprüfen", sagte Kyprianou der taz.

Er erhofft sich von dem Treffen eine Stärkung der laufenden Gespräche. Kyprianou verlangte von der türkischen Seite mehr Flexibilität. "Es ist an der Zeit, dass sie sich konstruktiver zeigen", sagte er. Die griechische Seite habe dagegen deutlich gemacht, dass es ihr mit einer Lösung des Konflikts ernst sei.

"Sollte der politische Wille vorhanden sein, könnte es zu Fortschritten kommen", sagte Osman Ertug, der Sprecher des zyperntürkischen Präsidenten Dervis Eroglu der taz. Auf türkischer Seite möchte man die Verhandlungen möglichst bis zum Jahresende abschließen. Ertug versicherte, auch die zyperntürkische Seite sei mit dem Ziel der Gründung eines gemeinsamen Bundesstaats einverstanden.

Eroglu hatte vor der Amtsübernahme mehrfach einem losen Bund aus zwei selbstständigen Staaten das Wort geredet. Insbesondere bei der Eigentumsfrage sind die Positionen beider Parteien jedoch so weit voneinander entfernt, dass diese Position unrealistisch erscheint. Dabei geht es um Grundstücke und Häuser griechischer Zyprioten, die seit dem Zypernkrieg von 1974 und der Teilung der Insel unter türkische Verwaltung fielen. Die griechische Seite befürwortet eine Rückgabe, die türkische möchte das vermeiden.

Ferner ist der Zuschnitt der beiden künftigen griechischen und türkischen Bundesstaaten umstritten - hier soll die türkische Seite einen Teil ihres Territoriums abgeben. Beide Themen werden in New York nach dem Worten Kyprianous eine wichtige Rolle spielen. Im Januar 2011 wird Bundeskanzlerin Angela Merkel auf Zypern erwartet. "Wir erwarten, dass die Kanzlerin den Prozess der Vereinigung der Insel unterstützt", sagte Kyprianou.

Die türkische Seite hofft, dass Merkel auch den Norden besucht. Das ist diplomatisch delikat, weil Nordzypern international nicht anerkannt ist und von den griechischen Zyprioten als "türkisch besetztes Gebiet" betrachtet wird.

Eine internationale Konferenz zur Lösung des Zypernkonflikts wird von der griechisch-zypriotischen Seite zum jetzigen Zeitpunkt abgelehnt. "Das würde das Vertrauen in die laufenden direkten Verhandlungen unterminieren", befürchtet Außenminister Kyprianou. "Zudem gäbe es keine Garantie, dass es dabei ein Ergebnis gibt." Die türkische Seite kann sich eine solche Verhandlungsbühne zwar vorstellen, lehnt aber die Teilnahme der Europäischen Union daran ab.

Die Republik Zypern ist seit 2004 EU-Mitglied, die entsprechenden Verträge haben im Nordteil der Insel aber keine Gültigkeit. Kyprianou sieht eine realistische Gefahr darin, dass Nordzypern zunehmend internationale Anerkennung finden könnte. "Das, was derzeit in Nordzypern existiert, ist das Resultat von Krieg und Invasion", sagte er.

Trotz stockender Gespräche sind beide Seiten bemüht, die Demarkationslinie zwischen der Republik Zypern und der "Türkischen Republik Nordzypern" durchlässiger zu machen. Nach der Öffnung der siebten Übergangsstelle im Nordwesten der Insel im Oktober will eine gemeinsame Kommission die Errichtung weiterer Checkpoints vorantreiben.

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3 Kommentare

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  • M
    Martin

    Ich finde Zypern wirklich prima und man sollte sich aktuell auf keine all zu hitzige Diskussion einlassen. Zypern ist aktuell zwar in zwei Bereiche geteilt, aber die Zukunft wird zeigen, ob daraus bald wieder ein Land wird. Dem Tourismus tut die Situation momenta offenbar keinen Abbruch an, wenn man beliete Seite zum Thema Zypernreisen betrachtet. Man sollte also erstmal die nächsten 1-2 Jahre abwarten.

  • BG
    Bistum Graz

    Die Grundstücksfrage in Nordzypern bezieht sich auf griechische Enklaven, aus denen die Griechen 1974 vertrieben wurden, aber richtig lustig wird das für die 8000 britischen Rentner, die sich auf griechischen Grundstücken in Nordypern angesiedelt haben, die ihnen die Türken dreist verkauft haben...

    Geschichtlich spielt natürlich auch eine Rolle, daß bis in die 50,60er Jahre 300000 Griechen in Konstantinopel zu hause waren. Die sind fast alle weg als Folge der Pogrome, die 1955 den Völkermord von 1915/22 fertigstellen sollten.

  • U
    UPiller

    Das was auf Nordzypern derzeit entsteht, ist nicht das Produkt von "Krieg und Invasion", denn der Zypernkonflikt beginnt nicht im Sommer 1974 mit einem türkischen "Überfall", sondern bereits in den 1960er Jahren als die türkischen Zyprer aus der gemeinsamen Republik vertrieben wurden. Zu dieser Zeit wird Zypern administrativ geteilt, weil die Zyperngriechen unter ihrem Präsidenten Makarios III. den Anschluss an Griechenland anstreben. Die UNO-Friedenstruppe ist bereits 1964 auf der Insel gelandet. Das wird nur immer wieder vergessen. Dies muss aber auch bei der Grundstücks- und Eigentumsfrage in den Verhandlungen eine Rolle spielen. Viele türkische Zyprer haben durch die Vertreibungen in den 1960er Jahren ihr Hab und Gut verloren. Über diese Entschädigungen wird öffentlich nie gesprochen. Stattdessen nennt man die Anerkennung eines Landes, das seit 27 Jahren existiert "realistische Gefahr" ohne sich zu fragen, was die Menschen in diesem Land empfinden, wenn die EU seit 2004 gegebene Versprechen nicht im geringsten umsetzt, aber andauernd reflexartig fordert (im Chor mit den Inselgriechen), man erwarte von der türkischen Seite mehr Flexibilität.