piwik no script img

Zwölf Bürgermeister gegen Pätzold

■ Rat der Bürgermeister protestiert gegen „Stellenstopp“ / Bezirke sollen ab 1991 0,55 Prozent, Senatsverwaltungen 1,1 Prozent einsparen / Stellen werden für andere Aufgaben neu verteilt

West-Berlin. Die BürgermeisterInnen (elf Männer, eine Frau) der zwölf Westberliner Bezirke wollen nicht sparen. In einem Protestschreiben kritisieren sie den von Innensenator Erich Pätzold deshalb zur Strafe verhängten „Stellenstopp“. Jetzt bleiben selbst genehmigte Stellen unbesetzt. Sie wollen weiterhin nicht alle der etwa 300 geforderten Stellen (0,55 Prozent), sondern auch Mittel einsparen. Gestern kritisierte zudem die Spandauer Sozialstadträtin Renate Mendel (SPD) in einem Offenen Brief ihren Parteigenossen, den Innensenator. Sie fragt, ob es „zumutbar“ sei, „Obdachlosigkeit herbeizuführen, weil Mietkündigungsklagen aufgrund von Personalmangel nicht rechtzeitig bearbeitet werden können“. Bei ihren Mitarbeitern herrsche großer Frust, der Zustand sei für die Bürger unerträglich.

Pätzold bleibt allerdings dabei, daß Stellen eingespart werden müssen und bezeichnete die Weigerung der Bezirke, dem Senatsbeschluß nachkommen zu wollen, als nicht hinnehmbar: „Die öffentliche Verwaltung (103.000 MitarbeiterInnen) kann nicht immer weiter wachsen, sondern muß neue Aufgaben grundsätzlich durch Umschichtung und durch Abbau weniger wichtiger Aufgaben abdecken.“ Außerdem werden die eingesparten Stellen „anschließend wieder für ökologische und soziale Aufgaben verteilt“, so Werner Throniker, Sprecher des Innensenats, gestern zur taz.

Die BürgermeisterInnen hatten der Senatsvorlage im Dezember 1989 zugestimmt. Damals sollten die Bezirke noch 0,4 Prozent sparen. Durch den Kita-Streik, in dessen Folge der Senat 247 ErzieherInnenstellen bewilligte, wurde die Einsparquote in den Bezirken auf 0,55 Prozent, in den Senatsverwaltungen von 0,8 auf 1,1 Prozent erhöht.

Ein Novum bei der Stellenumschichtung ist, daß in den Senatsverwaltungen doppelt soviele Stellen (1,1 Prozent, etwa 600) eingespart werden wie in den Bezirken. Bei der Neuverteilung sei allerdings abzusehen, so Pätzold, daß „ein großer Teil der Stellen den Bezirken zufließen wird“. Gerade dieser Senat wolle die bezirklichen Selbstverwaltungen stärken, so der Innensenator weiter.

diak

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen