Zwischenbericht zum Neonazi-Terrortrio: Möglicherweise entscheidende Fehler
Die Untersuchungskommission zu den Ermittlungspannen um die Neonazi-Terroristen hat aus ihrer Arbeit berichtet. Die Ergebnisse nach sechs Wochen sind dünn.
ERFURT taz | Rund sechs Wochen nach ihrer Einsetzung hat die von der Thüringer Landesregierung gebildete Untersuchungskommission zur Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) am Montag einen mündlichen Zwischenbericht gegeben.
Ihr Vorsitzender, der ehemalige Bundesrichter Gerhard Schäfer, dämpfte in Erfurt Erwartungen der zahlreich erschienenen Journalisten, auf deren Bitte die Pressekonferenz in Erfurt zustande kam. Die Kommission ist praktisch erst seit Abschluss der Sicherheitsüberprüfungen ihrer Mitglieder am 21. Dezember des Vorjahres voll arbeitsfähig.
In der Zusammenarbeit zwischen dem Thüringer Landeskriminalamt und dem Landesamt für Verfassungsschutz habe es "möglicherweise entscheidend gehakt", erklärte Schäfer. Dies gelte insbesondere für Observationen im Januar 1998, als drei Garagen des Terrortrios Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt in Jena beobachtet wurden.
In einer wurde später eine Bombe gefunden. Der Beamte des Landeskriminalamtes habe "die richtige Spürnase" gehabt, eine längerfristige Observation des verdächtigen Trios sei ihm aber nicht genehmigt worden, so Schäfer. Er habe sich daraufhin an einen gleichrangigen Beamten beim Verfassungsschutz gewandt.
Insoweit sei die Zusammenarbeit noch vorbildlich gewesen. Der LKA-Beamte habe für den 26. Januar 1998 auch einen Durchsuchungsbefehl erwirkt. Die geplante gleichzeitige Durchsuchung der Garagen scheiterte jedoch an technischen Problemen: eine war mit einem zusätzlichen Schloss versehen.
Vorrangig mit Akten beschäftigt
Ohne die beim Verfassungsschutz gesammelten Erkenntnisse sei ein Haftbefehl nicht zu erlangen gewesen, berichtete Schäfer. Ob mit besserem Informationsaustausch die Verbrechen des Trios hätten verhindert werden können, ließ er offen.
Die bislang schmalen Erkenntnisse der Kommission stützen sich lediglich auf Aktenstudium und die Vernehmung einiger an der Durchsuchung 1998 beteiligter Beamter. Man sei derzeit vorrangig mit Akten und deren Vergleich beschäftigt, sagte der Vorsitzende.
Schäfer verwies aber auf das Thüringer Verfassungsschutzgesetz, das dem Geheimdienst zwar erlaube, Erkenntnisse weiterzugeben, ihn aber nur in besonders schweren Gefahrenfällen dazu verpflichte. Dies gelte es bei der anstehenden Novelle des Gesetzes zu ändern und präziser zu fassen, schlussfolgerte Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU).
Auch künftig V-Leute in der Szene
Geibert will auch künftig auf V-Leute in der rechten Szene nicht verzichten. Die Kommission stützt ihn insoweit, als nach den Akten der frühere Chef des "Thüringer Heimatschutzes", Tino Brandt, der für seine Informationen 200.000 D-Mark erhielt, als Quelle tatsächlich "gesprudelt" habe.
Geibert bedauerte, dass sich Sachsen nicht an der Kommission beteiligt habe. Ansonsten zeigten sich die sächsischen Behörden aber kooperationsbereit, konstatierte der Kommissionsvorsitzende Schäfer. Es gebe auch nirgendwo Hinweise darauf, dass Akten bewusst unterschlagen würden.
Am Montag war bekannt geworden, dass Exemplare des sogenannten Gasser-Berichts im Erfurter Innenministerium verschwunden seien. Der streng geheime Bericht befasst sich mit der Ära des früheren Thüringer Geheimdienstchefs Helmut Roewer (CDU). Innenminister Geibert bestritt dies. Im Übrigen sei der Bericht wider Erwarten "langweilig und uninteressant", erklärten Kommissionsmitglieder, die ihn gelesen haben.
Die Schäfer-Kommission will bis Ostern ihren Abschlussbericht vorlegen. Dann wird voraussichtlich der Bundestagsuntersuchungsausschuss seine Arbeit aufnehmen.
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