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Zweites KonjunkturprogrammPaket bringt vielen Haushalten nichts

Um neun Milliarden Euro an Steuern will die Regierung die Bürger entlasten. Doch die Hälfte der Haushalte hat davon nichts. Dafür gibts pro Kind 100 Euro.

Für jedes Kind gibt es 2009 eine Einmalzahlung von 100 Euro. Das wird den Staat 1,8 Milliarden Euro kosten. Bild: dpa

Mehr Netto vom Brutto - das wird mit dem zweiten Konjunkturpaket der Bundesregierung nun wahr. Die große Koalition hat beschlossen, die Einkommensteuer zu senken. In den nächsten beiden Jahren wird sie die Bürger um insgesamt 8,95 Milliarden Euro entlasten - das macht fast ein Fünftel des gesamten Konjunkturpakets aus.

Die Steuerentlastungen sollen in zwei Schritten erfolgen. Für 2009 wird der Grundfreibetrag um 170 Euro auf 7.834 Euro angehoben. Gleichzeitig wird die gesamte Steuerprogressionstabelle um 400 Euro "nach rechts verschoben", wie die Regierung das nennt. Das bedeutet: Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent wird für einen Single erst bei 52.551 Euro fällig. Gleichzeitig wird der Eingangssteuersatz von 15 auf 14 Prozent abgesenkt.

2010 steigt der Grundfreibetrag dann im zweiten Schritt auf 8.004 Euro, und außerdem wird die Progressionstabelle noch einmal nach rechts verschoben - um weitere 330 Euro. Der Spitzensteuersatz wird dann ab 52.881 Euro Jahreseinkommen erhoben.

Der Bund der Steuerzahler hat bereits berechnet, wie stark die Bürger von diesen Tarifänderungen profitieren. Wer den Spitzensteuersatz zahlt, spart ab 2010 jährlich 259 Euro - als Single. Für einen verheirateten Alleinverdiener wären es maximal 518 Euro. Geringverdiener mit einem zu versteuernden Einkommen von 8.000 Euro sparen als Single hingegen nur 51 Euro im Jahr.

Hinzu kommt: Von Steuersenkungen kann nur profitieren, wer überhaupt Steuern zahlt. Die Hälfte aller Haushalte in Deutschland führen aber auch jetzt schon nichts ans Finanzamt ab. Dazu gehören Hartz-IV-Empfänger, Geringverdiener und auch viele Rentner.

Einkommensunabhängig ist hingegen eine andere Maßnahme im Konjunkturpaket: Für jedes Kind gibt es 2009 eine Einmalzahlung von 100 Euro. Das wird den Staat 1,8 Milliarden Euro kosten. Auch Hartz-IV-Empfänger erhalten dieses Geld - es wird nicht auf die Sozialleistungen angerechnet.

Generell sollen die Hartz-IV-Sätze für Kinder ab Juli steigen: 6- bis 13-Jährige sollen künftig 70 Prozent des Regelsatzes für Erwachsene erhalten. Bisher waren es nur 60 Prozent. Konkret sind dies 35 Euro im Monat mehr - nämlich 246 Euro. Rund eine halbe Milliarde Euro wendet der Staat dafür auf.

Mit weiteren 9 Milliarden Euro will die Regierung die gesetzlichen Krankenkassen in den nächsten beiden Jahren subventionieren. Im Gegenzug soll der Kassenbeitag wieder sinken, der erst in diesem Januar auf einheitlich 15,5 Prozent gestiegen ist. Ab dem 1. Juli wird er dann 14,9 Prozent betragen. Letztlich nimmt die Regierung damit die jüngste Beitragserhöhung wieder weitgehend zurück. Davon sollen sowohl die Arbeitgeber wie die Arbeitnehmer profitieren - sie werden jeweils 0,3 Prozent einsparen. Konkret bedeutet das: Ein Durchschnittsverdiener mit einem Bruttogehalt von 2.500 Euro monatlich würde 7,50 Euro im Monat zusätzlich erhalten.

In der Summe bedeuten all diese Maßnahmen für eine Familie mit zwei Kindern und einem Alleinverdiener, die ein Jahreseinkommen von 36.000 Euro zu versteuen hat: Im Jahr 2009 sparen sie 427,02 Euro. 2010 sind es dann nur noch 390,74 Euro, weil der einmalige Kinderzuschlag entfällt, dafür aber die volle Entlastung bei der Einkommenssteuer greift.

Zumindest die Ladenbesitzer glauben nicht, dass diese bunte Mischung aus Maßnahmen die Nachfrage ankurbelt: "Uns bringt das Konjunkturpaket nichts", heißt es beim Hauptverband des Deutschen Einzelhandels. Süffisant wird dort angemerkt, dass die sinkenden Energiepreise viel wirkungsvoller seien. "Das ist das wahre Konjunkturprogramm."

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5 Kommentare

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  • W
    wanja

    Neben ausreichendem Mindestlohn, Verhinderung von Scheinselbstständigkeit, mehr Kontrollen gegen sog. Schwarzarbeit (u. hohe Strafen für die sogenannten Arbeitgeber), Arbeitszeitverkürzungen u.a. Maßnahmen, gäbe es einen Wirtschaftsaufschwung, der zugleich die Lebensqualität heutiger u. zukünftiger Generationen verbessern würde, wenn z.B.

     

    (a) Sonnenkollektoren auf jedes unverschattete stabile Dach installiert würden, auf Privathäusern ebenso wie auf Schwimmbädern etc,

     

    (b) PV Anlagen als Dächer über Parkplätzen u.s.w.

     

    © alle Krankenhäuser, Schulen, Hochschulen, Rathäuser ... als Passivhäuser saniert würden

     

    und nicht zuletzt

     

    (d) jede Stadt mit mehr als 10.000 EW ein Straßenbahnnetz bekommen würde, bzw. ein vorhandenes ausgebaut würde (reduziert z.B. den Reifenabrieb, der bekanntlich Ruß und Cadmium enthält). Die Energie dafür sollte freilich dann aus Erneuerbaren Energien kommen, wofür sich v.a. Erdwärme, Wind- und Wellenkraft anbieten (bzgl. Wellenkraft z.B. das Modell Wave Dragon , das in Gewässern von Dänemark, Wales etc, entwickelt wurde).

     

    (e) Schließlich sollte die Bahn das Interregio Konzept wieder einführen.

  • L
    Leser

    Die Krise als gute Gelegenheit wird beim Schopf gepackt und die Regierung beschliesst, was schon immer gern gemacht worden wäre. Die Gegenfinanzierung wird schmerzhaft, aber wen kümmert's. Wie üblich soll der Teufel mit Belzebub ausgetrieben werden. Oder die Katze beisst sich in den Schwanz. Eine Krise wird man so garantiert nicht bewältigen, sondern verstärken mit zeitlicher Verzögerung. Damit Ursache und Wirkung eines Tages vergessen sein werden.

  • D
    Durchschnittsbürger

    Als Single mit einem Verdienst unter dem hier gerechneten Durchschnitt, würde ich also auf ca. 6 € mehr im Monat kommen. Hurra!!! Da gehe ich doch direkt zu meinem freundlichen Opel- Händler und kaufe mir einen Neuwagen…

    Das ist der Witz des Tages!

  • L
    Leidkultur

    Mit dem Mehr an Hartz IV für Kinder wird das Prekariat nur ruhig gestellt, geholfen wird ihm nicht. Dazu hätte das Geld in die Bildungseinrichtungen fließen müssen. So wirds ein Nintendo oder Wii.

  • L
    LvM

    ich dachte wir haben letztes jahr eindrucksvoll aufgezeigt bekommen, was passiert, wenn man seinen scheinbaren wohlstand auf pump finanziert und unter vollem risiko oder voller ignoranz, nicht zu wissen was kommt, aber gelehrnt haben wir scheinbar überhaupt nichts daraus

    es ist halt auch viel einfacher zu sagen, ey leute demnächst habt ihr ein paar euro mehr in der tasche, als kneift den arsch zusammen, sonst kommt es irgendwann noch schlimmer, wenn wahlen ins haus stehen, wer wurde denn auch jemanden wählen, der sagen würde, leute sieht düster aus

     

    na mal sehen, was die ganzen dinge dieses konjunkturprogrammes mit sich bringen, vllt fällt ja wenigstens ein kleiner teil für sinnvolle sachen ab, wie bildung, gesundheit, etc. und nicht nur an zum teil sinnlose grossprojekte, an denen wieder nur wenige ihren reibach machen