Zweiter Versuch an der Börse: Hapag-Lloyds Woche der Wahrheit
Der Börsengang der Großreederei muss in dieser Woche endlich klappen. Sonst droht ihr und ihrem Großaktionär, der Stadt Hamburg, ein Milliarden-Debakel.
Den Börsenstart vermiest hatte Hapag-Lloyd die weltgrößte Containerreederei Maersk. Just vorige Woche hatte der dänische Konzern eine Gewinnwarnung an seine Aktionäre herausgegeben, und nicht jeder glaubt an einen zeitlichen Zufall. Das Jahresergebnis 2015 werde „nur noch“ 1,6 Milliarden Dollar betragen und somit um 600 Millionen Dollar niedriger ausfallen als geplant, warnte Maersk. Grund genug für Investoren, verschreckt zu reagieren; Bei Hapag-Lloyd wurden reihenweise Orders storniert.
Die Reederei startete die große Rabattaktion, senkte den Verkaufspreis pro Aktie auf nur noch 20 bis 22 Euro und startete in Finanzkreisen eine Aufklärungskampagne. Denn ihr Hauptgeschäft ist nicht, wie bei Maersk, der schwächelnde Handel mit Fernost. Nach der Fusion mit der chilenischen Frachtreederei CSAV zum Jahresanfang machen Nord- und Südamerika mehr als die Hälfte des Geschäfts aus.
Und das dürfte noch wachsen. Denn im nächsten Frühling soll der verbreiterte Panama-Kanal eröffnet werden, der kürzeste Weg an die amerikanischen Pazifikküsten. Dann können Schiffe mit 10.000 bis 12.000 Standardcontainern (TEU) den Kanal passieren. Bislang liegt die Höchstgrenze bei weniger als 5.000 TEU. Deshalb ordert Hapag-Lloyd sechs neue Schiffe dieser Größenordnung. Das erste soll im Herbst 2016 seinen Dienst aufnehmen.
Und deshalb will Habben Jansen Hapag-Lloyd unbedingt jetzt an die Börse führen, nachdem 2004 und 2011 zwei Anläufe gescheitert waren. Er fürchtet, dass die Voraussetzungen dafür in den nächsten Jahren nicht besser werden, weil die Überkapazitäten zumindest im Asien-Verkehr nicht geringer werden dürften. Auf dem Atlantik indes zwischen Europa und Amerika sieht Hapag-Lloyd, als Nummer vier weltweit durchaus ein gewichtiger Konkurrent, noch prosperierende Märkte.
Das sähe auch die Hansestadt Hamburg gern, die in den Jahren 2009 und 2012 in zwei Tranchen 1.145 Milliarden Euro investierte, um die Reederei am Standort zu halten. Mit 23 Prozent ist sie zweitgrößter Anteilseigner, und die Aktien, die sie für rund 52 Euro das Stück kaufte, schlagen derzeit nur noch mit 41 Euro zu Buche. Bei dem neuerlich gesenkten Ausgabepreis auf gut 20 Euro droht der Stadt ein rechnerischer Verlust von rund 500 Millionen Euro.
Da wäre es hilfreich, wenn Habben Jansens Strategie demnächst aufginge. Auch für den SPD-Bürgermeister Olaf Scholz, dessen Aussage, „We want our money back“, noch nie so realitätsfern schien wie in dieser Woche der Wahrheit.
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