Zweiter Prozess gestartet: Höcke will keine Fotos
AfD-Politiker Björn Höcke ist erneut wegen Verwendung einer verbotenen SA-Parole angeklagt. Zu Prozessbeginn schloss der Richter Fotograf*innen aus.
Richter Jan Stengel ordnete vor Prozessbeginn offenbar an, dass die Pressefotograf*innen und Kamerateams den Saal verlassen müssten. Eine Justizbeamtin in Sicherheitsweste teilte den ungläubigen Video- und Fotojournalist*innen mit, dass diese unverzüglich den Saal raus müssten, „weil Höcke das nicht möchte“, wie sie formulierte. Bedröppelt und etwas ungläubig verließen diese den Saal.
Ein Fotograf teilte der taz später mit, dass Höcke dem Gericht verdeutlicht habe, dass er nicht gefilmt und fotografiert werden wolle und sich nur unter Zwang vorführen lassen würde. Der Richter habe daraufhin entschieden, Journalist*innen mit Kameras auszuschließen, um den Prozess sicher durchführen zu können. Höcke durfte anschließend auf der Anklagebank Platz nehmen – ohne dabei wie jeder andere Angeklagte in öffentlichen Verfahren mit großer Aufmerksamkeit gefilmt und fotografiert zu werden.
Die Gerichtssprecherin teilte später etwas zerknirscht bei der ersten Pause mit, dass die Fotograf*innen nach der Pause nun doch Bilder machen dürften, um die Pressefreiheit zu gewährleisten, das habe der Richter schließlich entschieden, nachdem sie darum gebeten hatten.
Selbe Parole, anderer Ort
Es ist bereits der zweite Strafprozess gegen Höcke innerhalb kurzer Zeit. Verurteilt hatte ihn das Landgericht Halle bereits vor gut einem Monat für die Verwendung der verbotenen SA-Parole „Alles für Deutschland“ bei einem Wahlkampfauftritt in Merseburg im Mai 2021. Im zweiten Prozess geht es nun um einen Auftritt Höckes in Gera. Auch dort soll der AfD-Politiker die Parole bei einem Parteistammtisch benutzt haben.
Am Montagmorgen ging es Höcke nun offensichtlich auch um die Bildhoheit: Sein Büroleiter Robert Teske twitterte in schwarz-weiß gehaltenen inszenierten Fotos, und schrieb dazu, dass in Halle der zweite „Schauprozess“ gegen Höcke beginne: „Während Deutschland zu einem gescheiterten Staat verkommt, werden Politiker die alles für ihre Heimat geben wollen, nun schon zum zweiten Mal vor Gericht gezerrt.“ Retweetet wurde der Post interessanterweise von einem Aktivisten der Identitären Bewegung, Simon Kaupert, der als Fotograf ebenfalls im Gericht war.
Der Opferrolle tat der zunächst geglückte Ausschluss der Foto-Journalist*innen auf Bitte des Angeklagten allerdings keinen Abbruch: Noch vor Verlesen der Anklage stellten seine Anwälte vier längliche Befangenheitsanträge gegen das Gericht – die Prozessstrategie der maximalen Konfrontation setzte sich fort.
Das Verfahren sei nicht ordnungsgemäß eröffnet worden, Halle nicht zuständig, Höcke genieße als Abgeordneter des Thüringer Landtags Immunität, zudem sei er in den Medien vorverurteilt worden. Schon im ersten Prozess hatte Höcke die Anklagebank für politische Inszenierung genutzt. Das wiederum ließ den Richter eher unbeeindruckt. Er ließ die Anklage nach den Befangenheitsanträgen trotzdem verlesen.
Höcke soll Publikum bewusst animiert haben
Der Staatsanwalt trug daraufhin vor, dass Björn Uwe Höcke, wohnhaft in Bornhagen, angeklagt werde, in Gera die Kennzeichen ehemaliger NS-Organisationen verwendet zu haben. Bei einem Stammtisch der AfD im Lokal Waldhaus mit 350 Teilnehmern habe Höcke das gesonderte Verfahren zur Verwendung der verbotenen Parole „Alles für Deutschland“ angesprochen und dabei das Publikum per Handbewegung veranlasst, die SA-Parole „Alles für…“ zu vollenden und „… für Deutschland“ zu rufen. Wobei der Angeklagte sicher von der Strafbarkeit gewusst habe, weil zu diesem Zeitpunkt im Dezember 2023 bereits eine Anklage anhängig war. Höcke nahm die Verlesung der Anklage ungerührt zu Kenntnis. Der Richter unterbrach die Sitzung wegen der Befangenheitsanträge.
Im ersten Strafprozess sah es Landgericht in Halle als erwiesen an, dass der Chef der AfD Thüringen den Hintergrund der Parole kannte, und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen á 130 Euro für die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen. Höcke hat Revision eingelegt, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Obwohl er Geschichtslehrer sei, habe er den Hintergrund der Parole nicht gekannt, betonte Höcke.
Die Parole „Alles für Deutschland“ war der Leitspruch der nationalsozialistischen Sturmabteilung, sie gravierte ihn unter anderem in Dolche. In Deutschland ist sie ebenso wie der Hitlergruß verboten. Bis heute erfreut sich die SA-Parole vor allem in der Neonazi-Szene Beliebtheit, was wiederum dafür spricht, dass Höcke die Parole auch bei seiner erstmaligen Verwendung kannte. Seine Verbindungen in die Neonazi-Szene sind durchaus bekannt: Er demonstrierte bereits 2010 zusammen mit Neonazis in Dresden und ist unter anderem ein Bekannter von Thorsten Heise, einem langjährigen Führungskader unter anderem der NPD.
Höcke steht in Kürze übrigens auch noch ein dritter Prozess ins Haus. In Mühlhausen ist er wegen Volksverhetzung angeklagt, weil er im Oktober 2022 auf Telegram nach einer Gewalttat pauschal gegen Muslime gehetzt hatte.
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