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Zweite Woche der UN-KlimakonferenzHabeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels

Der deutsche Wirtschaftsminister verweist auf die Erfahrungen in Deutschland. Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung sollen dem Umbau der Wirtschaft dienen.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist trotz Bruch der Ampel-Regierung zur UN-Klimakonferenz nach Baku gereist Foto: Larissa Schwedes/dpa

Baku afp | Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) hat sich am Montag in die Beratungen auf der UN-Klimakonferenz in Baku eingeschaltet. Zum Auftakt warb Habeck am Morgen für eine Ausweitung der CO₂-Bepreisung in der EU und weltweit. „Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagte der Vizekanzler mit Blick auf den EU-Emissionshandel für die Sektoren Energie und Industrie.

Es habe sich gezeigt, dass die Emissionen in genau diesen Bereichen effektiv heruntergegangen seien, in Deutschland um 44 Prozent verglichen mit dem Stand von 1990, sagte Habeck auf einer Veranstaltung der Global Carbon Pricing Challenge. Es sei daher gut, dass in der EU ab 2027 auch die Bereiche Verkehr und Heizungen in den Emissionshandel einbezogen werden sollen. Allerdings werde dies wegen der damit verbundenen spürbar höheren Preise auch „eine Herausforderung sein“.

Habeck betonte, es handele sich beim Emissionshandel um einen marktorientierten Ansatz. Zugleich würden damit Einnahmen erzielt, die für den ökologischen Umbau der Wirtschaft eingesetzt werden könnten. So könnten Branchen gestützt werden, die dadurch besonders stark belastet werden. Habeck sagte für die Bundesregierung 20 Millionen Euro für eine Initiative der Weltbank zu, mit der die CO₂-Bepreisung weltweit vorangebracht werden soll.

Habeck wollte im Anschluss auch an Veranstaltungen zur Dekarbonisierung der Bauwirtschaft durch mehr „grünen Zement“ sowie generell zum klimafreundlichen Umbau der Industrie teilnehmen. Zudem ist ein Gespräch mit internationalen Jugenddelegierten und jungen Klimaaktivistinnen und -aktivisten auf der COP29 geplant. Die UN-Klimakonferenz in Baku startete am Montag in die entscheidende zweite Woche. Im Mittelpunkt stehen weiterhin die Verhandlungen über einen neuen Rahmen für die internationale Klimafinanzierung. Dazu wird auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in der aserbaidschanischen Hauptstadt erwartet.

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21 Kommentare

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  • Was nichts kostet, hat auch keinen betriebswirtschaftlichen Wert und spielt von daher bei der unternehmerischen Kalkulation in der Regel auch keine Rolle. Von daher ist der Weg über Produktionsveränderungen nicht nur zukünftig entstehende Kosten zu vermeiden, sondern gleichzeitig neue Erträge generieren zu können, genau richtig. Ob der Staat das mit seinen Organisationsstrukturen allerdings wirklich effektiv managen kann, bleibt eine offene Frage.

  • "Allerdings werde dies wegen der damit verbundenen spürbar höheren Preise auch „eine Herausforderung sein“.

    Wie tönte es noch am Wochenende aus dem Munde des Kandidaten für das Volk?:



    Erst haben wir die Energie grün gemacht, und jetzt werden wir die Energiepreise drastisch senken.



    Ein Schelm, wer ...

  • Robert Habeck sollte das kapitalistische Prinzip auch zur CO2-Reduzierung weiter ausbauen (lassen). Zuerst wird an der Produktion von (Überfluss)-Gütern und Dienstleistungen sowie am Konsum von Bildern, Geräuschen und Werbung Geld verdient. Durch die kostenpflichtige Entsorgung des Mülls wird dann ein zweites Mal verdient.



    Nur dieses System kann uns retten. Robert Habeck soll sich jetzt vorrangig um die Entfernung von CO2 und Methan aus der Atmosphäre kümmern. Die Technologien sind da. Es ist unsere letzte Chance. Es ist ein Riesenmarkt. Hierfür sollten die Erlöse des CO2-Handels eingesetzt werden. Transformation allein wird nicht genügen. Zahlen müssen natürlich immer die Verbraucher*innen. Sie sind die Verursacher der Emissionen. [keine Ironie]

  • "Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung sollen dem Umbau der Wirtschaft dienen. "

    Ich schätze mal dass jeder Bürger schon wusste dass das Zurückzahlen der CO2-Steuer via Klimageld sowieso nie ernsthaft beabsichtigt war.

    Siehe auch: www.gruene-bundest...und-gerechtigkeit/

  • Der deutsche Wirtschaftsminister verweist auf die Erfahrungen in Deutschland.



    Da kann man nur raten, sehr genau hinzusehen.

    Die deutsche Wirtschaft, vom Kleinbetrieb, bis zu den ganz großen Namen ist im Niedergang. Diese Politik der Deindustrialisierung wird die CO₂-Emissionen radikal senken, so wie den Lebensstandard.

    Wer profitiert, ist die Klientel der Grünen und das obere Drittel der Gesellschaft.

  • Wenn man der klassischen Betrugsmasche der Marktliberalen unbedingt auf den Leim gehen will, dann glaubt man willfährig daran, dass CO₂-Bepreisung und Emissionsrechtehandel, dass der Markt schon eine Lösung finden wird, eine ineffektive Reduktion der CO₂-Emissionen in das Marktgeschehen einzuspeisen. Die globalen Erfahrungen mit dem Emissionsrechtehandel sind nicht nur deswegen enttäuschend, weil hier teils unsinnige, teil kontraproduktive Kompensationsmaßnahmen finanziert werden, die weitere CO₂-Emissionen legitimieren. Die Marktteilnehmer orientieren sich schlicht an den Preisentwicklungen und nicht an bürokratischen Klimazielen. Der marktkonforme Klima- und Umweltschutz ist genau so eine Illusion, wie die soziale Marktwirtschaft: globale Gerechtigkeit gibt es im Liberalismus nur als formal gleichberechtigtes Ausgeliefertsein an den Wettbewerb.

  • Na, wäre es nicht viel erhellender, Robert spräche nicht vom Emissionshandel, sondern davon, dass die BRD sich anmaßt, das Recht, die Atmosphäre zu verschmutzen, zu Geld zu machen? Und zwar nicht nur die, die sich innerhalb der bundesdeutschen Grenzen befindet, sondern die planetar, weil sich unser Schmutz, unser CO2 dummerweise weltweit verteilen wird. Also eine Atmosphäre, die gar nicht in unserem Besitz ist?

    Aber, wer wird den schon so genau hinschauen wollen, handelt es sich doch um einen "marktorientierten Ansatz". Damit scheint ja alles gesagt.

  • „Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagte der Vizekanzler"

    Das geht schon fast in die Kategorie Fake News und sollte mal von Correctiv aufgegriffen werden. Kein Wort von all den Betrügereien mit den Zertifikaten, die eigentlich den CO2 Ausstoss verringern sollen, in Tat und Wahrheit aber mehr der Umverteilung von unten nach oben dienen als der Umwelt.

  • Also ähnlich zur Mehrwertsteuer. Wir Sammeln geld von allen ein, aber im Gegensatz zur Mehrwertsteuer fließt es nicht an alle in Folge von irgendwelchen Leistungen wieder zurück, es fließt an die Unternehmen, welche teils Milliardengewinne machen.. Tolles Konzept und bei all dem sollte man nicht vergessen, dass so gut wie nie Vorschläge gemacht werden und schon gar nicht umgesetzt werden, welche sagen wir die oberen 10 Prozent auch dazu drängen ihr Leben anpassen zu müssen.

    • @Hitchhiker:

      Es ist doch sehr unähnlich zur Mehrwertsteuer. Die wird ja von den Kosumierenden bezahlt, nicht vom Unternehmen. Diese bekommen das Geld dann ggf. wieder zurück, haben aber nun eine stärkeres finanzielles Interesse daran, Treibhausgase einzusparen.

      Und als eine Alternative denke man sich, dass auf jedem Kassenzettel ganz unter 20% CO²-Steuer stehen würde. Wäre dem Bemühen nach Klimaschutz auch eher nicht zuträglich.

      Natürlich muss da alles schöner geredet werden als es ist, die Zeichen scheinen international gerade eher nicht so auf Klimaschutz zu stehen.

      Man stelle sich vor, der internationale Flugverkehr würde an diesem Zertifikatehandel teilnehmen. Da gehören Sie (falls Sie schon einmal international geflogen sind) zu eben jenen 10%.

      Man kann ahnen, wie wenig die Lust darauf haben, wenn man Begriffe wie CO², Klimaschutz und Fliegen in die Suchmaschine eingibt und auf Webseiten mit vielen hellblauen und grünen Schriftzügen und Erklärvideos stößt.

      • @drum:

        Okay, die Unternehmen zahlen Beiträge an den Staat. Das Geld holen sie sich bei den Konsumenten. Der Staat gibt den Unternehmen das Geld wieder zurück.



        Im Endeffekt bleibt es gleich die Menschen die kein Vermögen, Firmen oder sonstiges haben sind die dummen und es wird mehr von unten nach oben verteilt ohne, dass die die haben sich beteiligen müssen.

        Auch jetzt war es so, dass je weniger sie hatten umso mehr mussten sie prozentual von ihren Einnahmen zahlen, ab einer bestimmten Grenze hat sich SPD und Grüne gut um sie gekümmert.

        Kommen wir zum zweiten Punkt, selbst ohne zu fliegen gehöre ich zu den oberen zehn Prozent weltweit. Kein Thema.

        Was habeck aber vorgeschlägt ist das Leben aller Menschen die keine Investitionen irgendwo haben zu verteuern und denen oben zu geben.

        Und genau aus diesem Grund haben die Menschen keine Lust auf Klimaschutz... Den muss man sich leisten können und schon sehr viele deutsche haben damit Probleme, weltweit ist das eher noch problematischer .... Das sieht man in einer elitären bubbel natürlich nicht, wenn man auf ein Grillfest geht, bei dem im Hof ein e auto steht, dass man mit der subventionierten Solaranlage geladen wird.

        • @Hitchhiker:

          Sie haben absolut recht, umso geringer das EInkommen umso spürbarer die Verteuerungen. Das ist ja insofern besonders unfair, da man sowieso weniger CO₂ (@Gerald Müller: ich habe es geschafft :) ) verbraucht. Und man kann eben nicht einfach das E-Auto an die eigene Solaranlage hängen und sich freuen. Aber: A: wenn der Grundgedanke ist, möglichst viele Treibhausgase einzusparen, gibt es in den oberen Schichten besonders viel zu gewinnen. B: auch bei geringen Einkommen verbrauchen wir in D. mehr Ressourcen als die Erde verkraften kann. C: Treibhausgase zu bepreisen schließt Verbote/Verteuerungen von Luxus-Klimakillern (z.B. Privatjets) ja nicht aus. D: es scheint mir unmöglich, CO₂ Einkommensabhängig zu verteuern (um die Bepreisung dessen geht es ja in dem Artikel), für die Entlastung niedriger Einkommen gibt es schlicht andere Instrumente E: Dass das Unternehmen sich 1zu1 die Subventionen einsteckt, Kosten aber auf KonsumentInnen legt ist zwar leider nicht aus der Luft gegriffen, aber langfristig gibt es ja auch in der realen Welt einen Preiskampf zwischen konkurrierenden Unternehmen. Ich gebe aber gern zu, dass der Energiesektor dafür nicht das beste Beispiel ist :(

      • @drum:

        Und was machen die Unternehmen? Die geben die CO2 Steuer an den Konsumenten weiter, also zahlen am Ende doch wir alle. CO2 schreibt man übrigens mit der "2" unten als subscript

  • Also ähnlich zur Mehrwertsteuerer. Wire Sammeln geld von allen ein, aber im Gegensatz zur Mehrwertsteuer fließt es nicht an alle in Folge von irgendwelchen Leistungen wieder zurück, es fließt an die die Unternehmen, welche teils Milliardengewinne machen.. Tolles Konzept und bei all dem sollte man nicht vergessen, dass so gut wie nie Vorschläge gemacht werden, welche sagen wir die oberen 10 Prozent auch dazu drängen ihr Leben anpassen zu müssen.

  • Emissionshandel klingt so super, da könnte man glatt vergessen, das es praktisch gesehen eine Steuer ist - oder aus einer anderen Perspektive ein "Persilschein" um schlechtes zu tun: wenn man genug zahlt, kann man halt immer noch alles machen.

    Bürger kann entweder eine noch bezahlbare CO2 -Steuer bezahlen oder ersetzt sofort Auto und Heizung - für eine entsprechend höhere Summe - und natürlich deren Energiebeschaffung. E-Auto und Wärmepumpe zahlen ja auch CO2-Abgabe, wenn der Strom nicht regenerativ ist.

    Auch wenn es dafür den "Wirtschaftsnobelpreis" gab, erkennen doch recht viele Menschen den Hütchenspielertrick dahinter - das ist eine Steilvorlage das politisch-populistisch zu verwenden.

    Kein guter Plan, ein offensichtlich kaputtes Konzept auch noch zu promoten.

  • Ich vermute, wenn man International bei Umweltthemen anfängt mit Beispielen aus Deutschland, verlassen viele sofort den Raum.

    Ich würde Harbeck empfehlen zwischendurch mal den TV anzuschalten oder eine Zeitung aufzuschlagen. Oder mal einen der Berichte zu lesen den seine Mitarbeiter ihm auf den Schreibtisch legen. Die deutsche Wirtschaft rauscht gerade ins Bodenlose, wir sind das Negativ Beispiel schlechthin geworden, niemand macht uns da noch was nach.

    • @Rikard Dobos:

      Leider muss ich Dir zustimmen.



      Habeck hat auch nicht verstanden, dass die Verteuerung keinen guten Erfolg eingefahren hat. Man schaue nur auf die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge. Hinzukommt, dass er eine Vergleich zu 1990 anstellt. Warum wählt er diesen Zeitpunkt?

      • @Sanni:

        Was hat Habeck damit zu tun, dass Deutsche keine Elektroautos kaufen? Die Produktionszahlen sehen viel besser aus.

      • @Sanni:

        Weil es der angenehme Wert ist.



        1990 haben hunderte von Betrieben in der ehemaligen DDR endgültig dicht gemacht.



        Einzig daher kommen die sprunghaften Emissionsreduktionen.

        Der Emissionshandel liefert keinen signifikanten Anteil.

        Ich Zweifel an Habecks Klimakompetenz.

      • @Sanni:

        Der Verkehrssektor ist doch gar nicht bepreist. Und in den bepreisten Bereichen sind die Werte um 44% gesunken. Steht beides im Artikel.

      • @Sanni:

        1990 wird immer (auch international) als Reverenzjahr benutzt