Zweite Stufe des Volksbegehrens gestartet: Wasserbegehren marsch!
Vier Monate hat der Berliner Wassertisch Zeit, um 172.000 Unterschriften für einen Volksentscheid zu sammeln. Ziel: die Offenlegung der Verträge über die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe.
Vor dem Eingang zum U-Bahnhof Leopoldplatz herrscht Gedränge. Verkleidete Menschen mit Schildern um den Hals, auf denen "RWE" oder "Veolia" steht, sind von einer Menschentraube umringt. In der Mitte versucht eine Conférencier, mit dem Megafon den Straßenlärm zu übertönen. Sie erzählt etwas von "gekauftem Wasser", von "Bossen", von der Spree.
Mit Straßentheater wollen Aktivisten von Attac zusammen mit der Initiative Berliner Wassertisch ein komplexes Thema massentauglich verkaufen: die Kritik an der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe vor elf Jahren. Mit dem Theater fällt zugleich der Startschuss für einen Sammelmarathon: Innerhalb von vier Monaten will die Initiative mindestens 172.000 Unterschriften zusammenbringen und damit den Weg frei machen für einen Volksentscheid. In dem sollen die Berliner dann über eine Offenlegung der Verträge zwischen dem Land Berlin und den Unternehmen RWE und Veolia entscheiden. Bislang sind die Verträge geheim.
Am Rande des Theaters steht Rainer Heinrich, Mitinitiator des Wassertischs. Verlangsamt ein Passant seinen Schritt, schaut zu den Darstellern oder den kleinen Sammeltischen daneben, nutzt Heinrich seine Chance: spricht ihn an, verwickelt ihn in ein Gespräch und schickt ihn dann zu den Kollegen mit den Unterschriftenlisten.
"Wir alle zahlen die steigenden Wasserpreise, daher reagieren die Leute sehr positiv, wenn man sie anspricht", sagt Heinrich. Zum Beispiel eine Frau, die schon zum Kugelschreiber greift, bevor sie überhaupt genau weiß, worum es geht. "Wasser wird immer weniger, das sehen wir in Indien oder im Golf von Mexiko", sagt sie. Sie habe Familie in Alabama und würde am liebsten gleich gegen den Ölkonzern BP unterschreiben, den Verursacher der Ölpest vor der amerikanischen Küste.
Jeder, der unterschreibt, hat sein eigenes Motiv: Eine Frau wünscht sich "wieder angemessene Wasserpreise", ein Mann "Transparenz", ein Dritter ist gegen "die Bonzen aus den Konzernen". Ein junger Mann mit Hemd und Sporttasche, hat es eilig. "Ich glaube, dass die Preise durch die Privatisierung steigen", sagt er. Seinen Namen will er nicht verraten, eigentlich wähle er FDP.
Die Aktivisten vom Wassertisch wollen in den kommenden vier Monaten vor allem an Verkehrsknotenpunkten sammeln. Auch bei den Bürgerämtern liegen Listen aus. Sind bis zum 27. Oktober genug Unterschriften gesammelt und weist das Abgeordnetenhaus den Gesetzesentwurf der Initiative ab, findet Anfang 2011 ein Volksentscheid statt.
Die Initiative zieht nach der ersten Dreiviertelstunde eine positive Bilanz: Über 140 Menschen hätten in der Zeit das Volksbegehren unterschrieben.
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