Zweite Staffel von „Bad Sisters“: Familien-Drama 3.0
Die Garvey-Schwestern sind zurück. Mit viel schwarzem Humor und überdrehter Dramatik startet die Serie „Bad Sisters“ in die zweite Staffel auf Apple+.
Zwei Jahre ist es her, dass die Garvey-Schwestern erstmals in unser Leben traten. AppleTV+ -Serie „Bad Sisters“ gewann international unter anderem den BAFTA und den Peabody Award, schien aber in Deutschland ein wenig unterzugehen.
Bedauerlicherweise. Das von der irischen Schauspielerin, Autorin und Komikerin Sharon Horgan verantwortete Remake der belgischen Serie „Clan“ ließ nicht nur das Original hinter sich, es gehörte zu den sehenswertesten Serien des Jahres 2022.
Damals begann die Staffel mit dem Tod des fiesen Ekelpakets John-Paul alias JP, der nicht nur seine Ehefrau Grace (Anne-Marie Duff) samt Tochter drangsalierte, sondern auch seine vier Schwägerinnen Eva (Horgan selbst), Ursula (Eva Birthistle), Bibi (Sarah Greene) und Becka (Eve Hewson) gegen sich aufbrachte. Deshalb ging es in den ersten zehn Episoden, auch mithilfe von Rückblenden, vor allem darum, welche der fünf Schwestern wie an seinem Ableben beteiligt gewesen sein könnte.
In den neuen Folgen sind auch in der Serie zwei Jahre vergangen, doch Vorwissen sollte man schon mitbringen für die zweite Staffel. Der eitel Sonnenschein, der zu Beginn herrscht, hält nicht lange an, schließlich lassen sich die dunklen Geheimnisse der Vergangenheit nicht ohne weiteres abschütteln. Was umso offensichtlicher wird, als pünktlich zu Grace’ Hochzeit mit ihrem neuen Lebensgefährten die vor langer Zeit zerstückelte Leiche von JPs Vater gefunden wird.
Das ruft Detective Inspector Loftus (Barry Ward) und seine junge Partnerin Houlihan (Thaddea Graham) auf den Plan, aber auch Angelica Collins (Fiona Shaw), die neugierige Schwester von Grace’ weiterhin in sie verschossenem Nachbarn Roger.
Am grundlegenden Erfolgsrezept der ersten Staffel rüttelt Horgan, die abermals mit Dearbhla Walsh als hauptverantwortlicher Regisseurin kollaboriert, nicht. „Bad Sisters“ ist nach wie vor eine Kombination aus geradlinigem (und dieses Mal linear erzähltem) Krimi und bitterem Familiendrama. Es kommt vor allem mit der Beimischung von reichlich schwarzem Humor zur vollen Blüte.
Anderer Drive
Doch an der größten Schwierigkeit, vor der die Fortsetzung steht, beißt sich die Showrunnerin fast die Zähne aus: mit JP ist der Serie der große böse Wolf und damit der alles zusammenhaltende Fokus abhandengekommen. Er lässt sich nicht ohne weiteres ersetzen.
Damit die Schwestern sich nicht ausschließlich um Ereignisse von vor ein paar Jahren drehen, entscheidet sich Horgan zu einem drastischen Twist am Ende der zweiten neuen Folge. Dieser erzählerische Mut bringt eine veränderte Dynamik mit sich und wirft neue Fragen auf, denen die Protagonistinnen auf den Grund gehen müssen.
Doch dieser Kniff verhindert nicht, dass die Serie nie den gleichen Drive entwickelt wie im ersten Durchlauf. Zumal zwischen potenziellen Schwangerschaften, Tablettenabhängigkeit und anderen Nebenschauplätzen besagte Angelica Collins eine reizvolle Figur ist, aber nicht unbedingt eine bezwingende neue Gegenspielerin.
Ausnahmeschauspielerin Fiona Shaw, die seit ein paar Jahren in Serien wie „Killing Eve“, „Andor“ oder „True Detective: Night Country“ einen zweiten Karrierefrühling erlebt, ist in der Rolle trotzdem eine Wucht.
„Bad Sisters“ hat zum Glück seine größten Stärken nicht eingebüßt: die Dialoge sind immer noch beißend scharf, die Familienbeziehungen glaubwürdig und die Figurenzeichnung ist erfreulich komplex, getragen vom weiterhin exzellenten, überwiegend irischen Ensemble, das Horgan um sich versammelt hat.
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