piwik no script img

Zweisprachige GymnasienFranzösisch ja, Türkisch nein!

Das Entsetzen über die Forderung nach türkischen Gymnasien legt tief verankerte Vorurteile offen. Für Englisch und Französisch gibt es schließlich längst zweisprachige Schulen.

Nur bei Türkisch gilt die Zweisprachigkeit als Behinderung und nicht als Kompetenz. Bild: ap

Es gebe offenbar "eine Allergie gegen alles, was mit der Türkei und der türkischen Sprache zu tun hat", schimpft Grünen-Chef Cem Özdemir mit Blick auf die entsetzte Aufregung über den Vorschlag des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan, türkische Gymnasien in Deutschland zu eröffnen. Es entstehe fast der Eindruck, "Türkisch sei eine Sprache von Aussätzigen", so Özdemir.

Und er hat Recht damit: Wer einmal Schulen in Berlin besucht hat, weiß, wie viele der türkeistämmigen Kinder dort zu akzeptieren gelernt haben, dass ihre Zweisprachigkeit ihnen eher als eine Art Behinderung denn als Zusatzkompetenz ausgelegt wird. An vielen dieser Schulen ist es bereits selbstverständlich, deutschtürkischen SchülerInnen die Verwendung ihrer "Muttersprache", die bei den meisten ja längst zur Zweitsprache geworden ist, während der Unterrichtszeit und in den Pausen per Schulordnung zu untersagen.

Dass das Kinder beschämt und ihre Familien verunsichert, ist nachvollziehbar - vor allem, weil Zweisprachigkeit ansonsten auch in deutschen Bildungseinrichtungen gern als Pluspunkt gesehen wird: Jedenfalls dann, wenn es sich bei der zweiten Sprache um Französisch, Englisch oder Spanisch handelt. Das Französische Gymnasium in Berlin ist überlaufen, ebenso die deutsch-amerikanische John F. Kennedy School - beides Schulen, die in Kooperation mit dem anderen Staat betrieben werden und in beiden Ländern anerkannte Abschlüsse anbieten.

Denn es gibt sie ja längst und zwar überall: Schulen, die als zwischenstaatliche Projekte oder "Auslandsschulen" das sind, was Erdogan nun vorschlägt. Auch Deutschland betreibt Schulen in der Türkei und in anderen Ländern, die sowohl von dort lebenden deutschen wie auch von einheimischen Kindern besucht werden können. Derzeit entsteht eine deutsch-türkische Universität in Istanbul - und Deutschland tut noch viel mehr als das.

Mit einer Internetseite (www.agdm.fuen.org) informiert das Bundesinnenministerium über seine Bemühungen um deutsche Minderheiten in 24 Ländern: Etwa über die Abkommen, die Deutschland mit den jeweiligen Staaten über den Erhalt der deutschen Sprache dort geschlossen hat. 1,65 Millionen Euro etwa stellt der Innenminister in diesem Jahr allein für die deutsche Minderheit in Rumänien zur Verfügung: "Ziel der Hilfenpolitik ist es", heißt es in der Pressemitteilung dazu, "die kulturelle Identität der deutschen Minderheit in Rumänien zu bewahren." Erdogan vorzuwerfen, er schüre mit seinem Vorschlag den Nationalismus der Türken in Deutschland, wie es etwa der Bürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD), tut, wirkt vor diesem Hintergrund etwas kurz gedacht.

Aber auch die mit der Integrationskeule zuschlagende Kritik greift zu kurz: Selbstverständlich sollte, wer hier schulisch und beruflich erfolgreich sein will, die deutsche Sprache beherrschen. Das sieht übrigens auch Erdogan nicht anders, und auch an den bislang wenigen privaten Schulen, die von Trägervereinen "türkischer Herkunft" gegründet wurden, wird das nicht anders gesehen. Und selbstverständlich sollten Kinder jedweder Herkunft am besten gemeinsam zur Schule gehen. Die Forderung, deutsche und Migrantenkinder auf verschiedene Klassen oder Schulen aufzuteilen, wird offen nur von der NPD und einigen Rechtsaußen in CDU oder CSU erhoben.

In der Praxis existiert eine solche Trennung allerdings längst: Dass es vielerorts "türkische" oder "Migranten"-Schulen gibt, ist die andere Seite der Medaille und lässt die Aufregung über Erdogans Vorschlag umso verlogener erscheinen. Denn dass an manchen Schulen die Einwandererkinder unter sich bleiben, beruht ja keineswegs auf deren Wunsch. Und auch mit "türkischem Nationalstolz" hat es rein gar nichts zu tun. Im Gegenteil: Der Grund sind die Deutschen, die diese Schulen meiden und Integration damit nachhaltig erschweren. Wer sich über Erdogans Vorschlag ereifert, sollte auch überlegen, wie solche Ausgrenzung vermieden werden kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

42 Kommentare

 / 
  • H
    HamburgerX

    @Meme: Ihre Verharmlosung ist unterträglich. Zwei Drittel aller Frauen in der Türkei müssen eine arrangierte oder erzwungene Heirat ertragen.

     

    http://www.welt.de/politik/article2779295/Hunderttausende-Tuerkinnen-heiraten-minderjaehrig.html

     

    Ich wiederhole daher nochmals: Der Vergleich der türkischen Einwanderergruppe in Deutschland mit Franzosen oder Engländern ist haarsträubend.

     

    Mit Bitten, Appellen und "soll"-Rufen ist es nicht mehr getan - ansonsten fährt Deutschland integrationspolitisch voll gegen die Wand. Zu groß die Fehler bisheriger Einwanderungspolitik.

  • S
    SandraMai

    Krass was hier für Kommentare zu finden sind.

    Da ist soviel unterschwellige Ausländerfeindlichkeit drin das ich fast ausflippen könnte.

    Keine Ahnung von der Thematik nur unreflektierte Vorurteile. Soviel zu den "gebildeten" Deutschen!

    Da sind mir meine sogenannten türkischstämmigen Mitstudenten (ja es gibt sogar welche die es durch diese diskriminierende Bildungslandschaft schaffen)lieber.

    Die sind zumindest nicht so vollgestopft mit Arroganz und unterschwelligem "Übermenschdenken".

    Ich frag mich was diese die wohl dazu sagen würden wenn Sie wüßten wieviele "unintegrierbare Ausländerkinder", unter anderem Lehramt studieren.

  • M
    Meme

    @HamburgerX: Arrangierte Ehen aus Arabien oder Türkei? Weit hergeholt. In der Türkei und in Arabien ist Islam die häufigste Religion. Der Islam verbietet so eine Eheschließung. Wenn beide Seiten nicht Einverstanden sind, kommt es nicht zur Hochzeit.

     

    Arabien oder Türkei... Ich lache mich tot. Arrangierte Ehen sind doch die häufigste Eheschließung in Indien. 90% aller arrangierten Ehen werden in Indien gemacht.

     

    Aber ehrlich: Was haben Zwangsehen mit Integration zutun bzw. um Schulen.

  • G
    gaijinette

    [Zum zweiten Mal ein kompletter Eintrag von mir wegzensiert (ein Nachtrag am 31. März)... habe ihn nochmal gelesen und gefunden: Vertretbar, wenn der Sarkasmus als solcher rüberkommt... vielleicht fehlten ein paar Gänsefüßchen... -- also gut, mal anders und etwas entschärft:]

     

     

    Beim Thema 'Integration' fällt mir hier in der BRD immer Star Trek ein: Wir sind die Borg. Sie werden jetzt assimiliert. Widerstand ist zwecklos.... ich glaube sowieso, daß die 'Borg' den Nazis nachempfunden sind, aber egal.

     

    Erinnert sich noch jemand an 2006? Das Jahr der Fußballweltmeisterschaft in D-Land? Die (gesteuerte) Renaissance des offenen Nationalismus per Deutschlandfahnen (über Nacht - der Alptraum erwartete mich nach dem Erwachen)?

     

    Aber da war auch etwas anderes. Denn die Deutschlandfahne wurde nicht nur von Blut-und-Boden-Deutschen geschwenkt, nach Medienberichten (aber stimmt das denn? Oder war auch das bloß Manipulation?) zeigte auch eine beträchtliche Zahl türkischstämmiger Bürger diese Fahne -- ob es stimmt oder nicht, es wurde von der herrschenden Politikklasse instrumentalisiert dahingehend, daß gesagt wurde, sinngemäß natürlich, 'Guck mal die Türken - was SIND die integriert!'

     

    Was war wohl die Botschaft? 'Wenn Immigranten sich deutschnational zeigen, muß es doch was Gutes sein!!!' Das ist die Niedertracht dabei. Die kranke Logik nämlich: 'Wer jetzt noch gegen Nationalismus ist, ist ausländerfeindlich.' Und eben der Mißbrauch. -- Schon für die nationalistische Kampagne (die taz deckte damals auf, daß die Parole eine des Hitlerregimes war) 'Du bist Deutschland' wurden ja Menschen aus den verschiedensten Minderheiten entsprechend mißbraucht (ich bezweifle allerdings, daß viele das selbst so nennen würden: Wer gibt schon gerne zu, mißbraucht worden zu sein, vor allem, wenn er dafür bezahlt wurde?).

     

    Und 2010? Haben sie sich türkische Migranten etwa seit 2006 desintegriert? Unsinn natürlich. Aber sie können doch nicht ganzjährig Deutschlandfahnen schwenken...

     

     

    Tja, das andere weggefallene Thema war mein Vergleich Merkels mit Erdogan. Ihn wiederhole ich hier mal. [sollte er justitiabel sein, könnt Ihr ihn ja wieder streichen, dann gilt statt dessen ein langezogenes *BEEP* oder so...]:

     

    'Ach und... selbst wenn Erdogan kein Vorzeige-Demokrat ist: Daß Frau Merkel den BND selbst nach allen für ihn wenig rühmlichen Zeitungsberichten nicht auflöst sondern ihm statt dessen Steuergelder zuschießt für Imagepflege und dann noch eins draufsetzt durch Gelder für den als Extremismusbekämpfung getarnten Krieg gegen Links macht sie natürlich ihrerseits zur Vorzeigedemokratin...'

     

     

    --gaijinette

  • DP
    Daniel Preissler

    @Thomas Sch.

    Du hast nicht verstanden, worum es gerade geht: Um türkische (wären wohl eher dt.-türk.) GYMNASIEN! Von Kindergärten usw. ist nicht die Rede. Und alle Kinder, die die Empfehlung fürs Gymnasium bekommen, werden wohl recht gut deutsch können. Die Anzahl der türkischen Kinder mit einer solchen Empfehlung ist dabei recht gering. Außer in Frankfurt und Berlin dürfte es also recht schwer werden, ein solches Gymnasium überhaupt mit ausreichen Schülern zu beschicken. In jedem Fall ist es nicht diese Gruppe, die ein Integrationsproblem hat oder darstellt.

    Von daher geht dein gesamtes sarkastisches Posting am Thema vorbei. Ist aber dennoch recht aussagekräftig.

  • E
    Ezeciel

    Fazit: Es wäre mal interessiert zu erfahren, ob Frau Wierth

     

    a) Erfahrungen in Vierteln mit hohem islamischen Anteil gesammelt hat;

     

    b) selbst Kinder im schulpflichtigen Alter hat;

     

    c) selbst türkisch kann.

  • M
    Martin

    "Der Grund sind die Deutschen, die diese Schulen meiden und Integration damit nachhaltig erschweren"

     

    Sehr geehrte Frau Wierth?

     

    Zunächst: Haben Sie Kinder? Und auf welche Schulen würden sie Ihre Kinder schicken?

     

    Der Grund sind ganz neben bei auch die "bösen Kinder", egal ob deutsch oder türkisch. Denn diese spielen lieber mit Kindern, die sie verstehen. Und ein türkischsprachiges versteht ein deutsches Kind schwerer und umgekehrt.

  • B
    Bastian

    "In welchem Sinne ist es denn verboten Tuerkisch auf dem Schulhof zu reden?"

     

    In dem die Schulordnung Deutsch als Schulsprache vorschreibt und andere Sprachen (außer in den jeweiligen Fächern natürlich) verboten sind. Auf dem ganzen Schulgelände, egal ob Stunde oder Pause.

  • J
    Jonas

    Die taz stellt sich mal wieder dumm. Worin der Unterschied zwischen einem französisch-deutschen und einem türkisch-deutschen Gymnasium besteht, wisst ihr eigentlich ganz gut. Ich glaube nicht, dass sich der fortschreitende Einfluss türkischer Politik in Deutschland noch brechen lässt; ich wünsche aber den taz-Autoren und anderen Gutmenschen von ganzem Herzen, dass sie die Konsequenzen dieses Einflusses irgendwann noch am eigenen Leib spüren. Wenn erstmal ein Drittel der Bevölkerung dieses Landes stolz auf seine türkischen Wurzeln blickt (so um 2050), werden die an den türkisch-deutschen Gymnasien ausgebildeten Eliten schon dafür sorgen, dass Deutschland wieder deutlich konservativer wird. Erdogan (der Roland Koch der Türkei), ist halt echt nicht dumm.

  • S
    Sechssprachler

    Wir alle stehen vor einem Rätsel. Wie kann es sein, dass Frz., Engl. und Spanisch einen besseren Ruf haben als Türkisch, Rätoromanisch, Schwedisch oder auch Arabisch? Dieser Hass auf alles Türkische, Rätoromanische, Schwedische und Arabische muss endlich aufhören. Außerdem fordere ich, dass alle deren Sprache nicht den gleichen Stellenwert haben, den die drei erstgenannten Sprachen haben, ab sofort beleidigt sind. Und zwar zutiefst. Und immer wieder, wenn sich eine Gelegenheit bietet (Geht aber auch ohne Gelegenheit).

  • H
    HamburgerX

    Vorweg: Es gibt in Berlin sogar Schulen, die Klassen überwiegend nach Herkunft sortieren, da Eltern ansonsten die Schule boykottieren würden. Die Abstimmung mit den Füßen wird es immer geben.

     

    Zum Artikel: Franzosen oder Engländer haben aber kaum Integrationsprobleme in Deutschland. Sie liegen wirtschaftlich nicht hinten, müssen nicht überproportional Sozialleistungen in Anspruch nehmen. Es gibt auch keine systematische oder arrangierten Verheiratungen mit Partnern aus dem Heimatland, was die Integration erschwert, da beide Eltern nicht deutschsprachig sind. Das alles ist nun mal eher bei der türkischen oder arabischen Gemeinde auszumachen. Man darf hier nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.

  • A
    A.Y.

    "...dass ihre Zweisprachigkeit ihnen eher als eine Art Behinderung..."

     

    Die Zweisprachigkeit nicht.

    Die Einsprachigkeit ist die Behinderung.

    Das Nichtbeherrschen der deutschen Sprache behindert diese Personen massiv in allen Bereichen ihres Lebens.

     

    Ich kann von meinen Großeltern nicht verlangen, zuhause deutsch zu sprechen.

    Aber wenn ich das in der Schule und teilweise im Freundeskreis nicht getan hätte, wo denn dann?

  • ID
    ich denke

    , dass man eher über türkische Haupschulen nachdenken sollte, da der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund in Gymnasien eh prozentual einstellig ist.

  • TS
    Thomas Sch.

    Machen wir doch mal ein Gedankenexperiment und tun so, als würde es türkische Schulen für türkische Kinder geben. Nehmen wir weiter an, daß dann auch fast alle türkischen Schüler den Abschluß schaffen würden. Gut. Ich stelle mir jetzt die Frage, ob jemand, der in einem türkischen Haushalt mit türkischen Fernsehen und türkischen Zeitungen aufgewachsen ist, einen türkischen Kindergarten und eine türkische Schule besucht hat besser deutsch spricht, als jemand der einen deutschen Kindergarten und eine deutsche Schule besucht hat. Wenn also Türken völlig türkisch hier leben können, also überhaupt kein deusch mehr brauchen, wäre das ja toll. Nur leider, leider, leider wohnen ja so viele Deutsche hier und die sprechen auch leider alle deutsch. Nun könnten wir ja alle türkisch lernen wobei ich zu bedenken gebe, daß wir dann ja womöglich die diskriminieren, die werde deutsch noch türkisch sprechen. Wir Deutsche könnten ja alle Fremdsprachen lernen, dann wären auch alle zufriedenstellend bedient, oder ? Ich hätte da eine völlig revolutionäre Idee: Wir lernen alle deutsch und schon können wir uns verständigen. Genial, was ?

  • R
    Rodriguez

    Ich finde die Aufregung zwar zu sehr emotionalisiert, jedoch weitesgehend angebracht.

    Der Artikel unterstellt Vorurteile gegenüber einer anderen Sprache, der türkischen, und begründet es mit dem Sachverhalt, dass für die Sprachen Englisch, Französisch und Spanisch längst zweisprachige Schulen existieren würden. Die letzten drei Sprachen sind drei von sechs der offziellen Amtssprachen der Vereinten Nationen; Französisch und Englisch sind ferner überwiegend Arbeitssprachen auch außerhalb des politischen Parketts. Dadurch ist für mich dieses Argument mehr als hinfällig.

    Die Sprache des Landes, in dem man sich aufhält, nicht oder nur unzureichend sprechen zu können, stellt nicht nur in Deutschland eine "Behinderung" da - weshalb genau dieses Argument ja eher für mehr Sprachförderung der Sprache des neuen Aufenthaltlandes spricht, als in des alten weiter zu verharren.

    Ferner finde ich die Betrachtungsweise zu einseitig, dass "die Deutschen" eher unter sich seien wollen. Da eine Verständigung ohne eine gemeinsame Sprache nur schwer möglich ist, geht jeder (seien es "die Deutschen" oder "die Türken") den Weg des geringsten Widerstandes und bleiben unter sich. Durch die Unterrichtung von türkisch an den Schulen wird dadurch der Vorgang eher beschleunigt als verlangsamt, weshalb auch dieses Argument wohl eher gegen die Unterrichtung der türkischen Sprache spricht.

    Wenn wir versuchen wollen die Entwicklung von Parallelgesellschaften zu vermeiden, kann der Weg nicht in Richtung weitere Abschottung gehen. Auch ich, als Deutscher im Ausland, behalte meine Nationalität und meine Sprache, obwohl ich gezwungen bin eine andere Sprache als meine Muttersprache zu sprechen. Nur so funktioniert Integration.

  • WS
    Wendula Strube

    Europa- und Levanteschulen

     

    Seit ca. sieben Jahren stelle ich diese Forderung beharrlich für eine bessere Beschulung der Türkisch- und Arabischstämmigen Kinder und wurde dafür oft ausgebuht. Einen Antrag innerhalb meines Kreises habe ich gestellt und nun muss ich zusehen, wie Angela M. und die Konservativen meine Pläne schneller umsetzen werden, als meine Partei reagiert. Seit Jahren schreibe ich immer wieder dasselbe. Und ich bleibe dabei, wir müssen auf die Kinder zugehen und sie vorerst dort abholen, wo sie z. Z. stehen, nämlich in ihrer Sprachenisolation inmitten unter uns Deutschen. Darum sollten wir Deutsch-Türkische Europaschulen und Deutsch-Arabische Levanteschulen sofort zur Verfügung stellen, ehe es von den Konservativen als ihre Idee aufgegriffen und umgesetzt wird. Es ist das beste Mittel, wie wir Migranten in unserem System binden und was wir ihren Kinder bieten können, um den Anschluss an das Deutsche Schul- und Bildungssystem nicht zu verlieren.

     

    Warum ich diese Möglichkeit am Besten finde, schildere ich nun:

     

    • Die Herkunfts- oder meist Muttersprache der Kinder von Migranten, wird zunächst richtig erlernt. Diese Vorraussetzung ermöglicht es, weitere Sprachen zu lernen. Ohne Muttersprache kann keine weitere Sprache richtig erlernt werden, das ist wissenschaftlich fundiert.

    • Die Kinder lernen in „ihrer“ Sprache lesen und schreiben, mit „ihrem“ kulturellem Background, den sie in Deutschland nur vom Hörensagen kennen lernen. Denn auch die jeweilige Landeseigene Kultur wird in einer bilingualen Schule automatisch vermittelt.

    • Selbstverständlich lernen die Kinder spätestens ab der zweiten Klasse unser deutsches Alphabet und nebenher die deutsche Schrift- und die richtige Sprachweise. So werden Kinder z. Z. in den existierenden Europaschulen beschult, die in Deutschland bereits (oder sollte man besser sagen erst?) ca. 36 Mal existieren.

    • Sie erlernen leider z. Z. noch in deutscher Sprache die Mathematik, was m. M. n. völlige unlogisch erscheint, da fast alle anderen Sprachen die Zahlen in ihrer tatsächlichen Reihenfolge sprechen. Fast nur in der deutschen Sprache werden zuerst die hintere Zahl und zuletzt die vordere Ziffer genannt, beginnend mit der Ziffer 12. Dadurch wird zusätzlich den Kindern von Migranten ein immens schweres Hindernis aufgestellt.

    • Vom Hörensagen werden oft Märchen und Fehlinterpretationen über geschichtliche Ereignisse überliefert. Es führt zu romantisierten Vorstellungen von den Herkunftsorten und zu beschönigenden Gräueltaten der Vergangenheit, die wir selbst kennen. Es gibt in jedem Volk die „guten, alten und bessere Zeiten“.

    • Die Kinder von bisher nicht integrierten Migranten könnten in „ihrer“ Sprache lernen und müssten nicht eine „fremde“ Sprache neu, falsch und brüchig lernen, so wie es bisher für sie der Fall ist.

    • Dadurch hätten diese Kinder mehr Erfolgserlebnisse und sie wären viel entspannter und weniger frustriert.

    • Die Kinder von Migranten könnten besser zum Erfolg der Klassen beitragen, sie fühlten sich ernst genommen.

    • Sie bräuchten sich weniger durch Gewalt Luft machen, was dem friedlichen Miteinander dienen würde.

    • Die Eltern dürften nun endlich ihre Kultur an uns herantragen. Durch das Geben und Nehmen erhielten die Erwachsenen Respekt, denn bisher prägen uns mehr Vorurteile als kultureller Austausch obwohl wir uns seit mehr als vierzig Jahren begegnen. Die Achtung, die Migranten zusteht, ist ihnen bedingt durch die Stellung als Bittsteller in unserer Gesellschaft bisher fast völlig versagt worden.

    • Da Ansehen immer im Gegenzug erbracht wird, könnten wir das Selbe nun auch von ihnen erwarten, ein besseres Aufeinanderzugehen ist die Folge der Europa- und Levanteschulen.

    • Viele Kinder könnten sich durch diese hervorragende Ausbildung bis zum Abitur und darüber hinaus weiterbilden und das sogar in „ihrer“ Sprache.

    • Mädchen könnten diese Chancen nutzen und endlich den Männern das Kopftuchtragen überlassen, wenn sie es wollen. Einzig allein eine gute Bildung verschafft bekanntlich „Aufklärung“ und persönliche Freiheit.

    • Die Kinder hätten als Erwachsene die Wahl, ob sie vielleicht in ihre Herkunftsländer zurückgehen möchten, die haben sie bislang nicht, weil sie auch in ihren Herkunftsländern faktisch marginalisiert und Migranten sind. Bisher kam ja noch niemand auf die Idee sie zu fragen, ob sie unbedingt hier bei uns Deutschen leben möchten, wo wir in vielerlei Hinsicht nicht gerade nett mit Kindern und Migranten umgehen.

    • Die Kinder könnten endlich in den Genuss besserer Berufsausbildungen und Studien kommen.

    • Die Kinder von Migranten würden eher nicht mehr beim Sozialamt oder schlimmer noch, chancenlos als Kriminelle enden. Es kommt kein Mensch auf die Welt und behauptet, er möchte gerne Hartz-IV-Empfänger oder Rechtswidriger werden. Jeder Mensch will Prinzessin oder Ritter, Feuerwehrmann oder Krankenschwester, Lehrerin oder Kindergärtner werden und vor allen Dingen will jeder Mensch in seiner Kindheit eine Familie mit einem „Haus am See“ haben.

     

    So viel zu den Vorteilen für die Kinder von türkischen und arabischen Migranten.

     

    Und was haben wir Deutschen davon?

     

    • Wenn die deutschen Kinder in den Europa- und Levante-Schulen in Türkisch u. Arabisch ausgebildet werden, können unsere Kinder nach dem Studium oder nach der Ausbildung mit den reichsten Staaten der Welt verhandeln, z. B. den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Kuwait.

    • Die türkische Sprache dient dabei als Brückenschlag zwischen unserer und der moslemisch- islamischen Gesellschaft.

    • Die arabische Sprache bringt uns dann direkt zu den reichsten Handelspartnern der Welt.

    • Die Europa- und Levante-Schulen werden uns eher mit den Arabischen und Türkischen Migranten ins Gespräch bringen als bisherige Versuche.

    • Außerdem wissen alle, dass die letzten Erdölvorkommen u. a. im Osten lagern, dort gehandelt und gefördert und die kommenden Kriege wegen der letzten Reserven geführt werden. Durch unser Engagement könnte das verhindert werden.

     

    Vielleicht fällt Ihnen selbst noch etwas ein, Sie dürfen gerne ergänzen.

     

     

    Ich meine, dass die o. g. Argumente ausreichen, um mindestens vier der jeweils genannten Schulen sofort zu gründen. Möglichst in den Brennpunkten der Städte Berlin, Köln und Frankfurt am Main.

     

    Zuerst muss Überzeugungsarbeit bei den jeweils betroffenen Migrantengruppen und bei Deutschen Eltern geleistet werden. Migranten mit denen ich gesprochen habe, zeigen inzwischen Angst, ihre eigene Sprache in Deutschland von ihren Kindern erlernen zu lassen. Wir sagen ihnen, lernt Deutsch, lernt Deutsch… aber das ist nicht der richtige Weg für diese Kinder. Wir leben in der Europäische Union und die Globalisierung steht im Vordergrund bei Berufschancen, wir können das Rad nicht zurückdrehen. Wir sollten nicht vergessen, dass wir unseren Wohlstand Ali u. Eiche zu verdanken haben. Sie kamen zu uns und haben ihre Heimat hinter sich gelassen, sie waren und sind fleißig. Jedes Kind in der Gesellschaft hat es verdient, dass es in Würde beschult wird und nicht seines wichtigsten Instrumentariums beraubt wird, seiner Herkunftssprache. Wenn wir weiterhin massenweise Kinder und deren Zukunft ab dem fünften Lebensjahr „mundtot“ machen, werden sie uns als Erwachsene schelten, weil sie sich lange Zeit nicht artikulieren durften.

     

    Ich vertraue auf die Mitmenschlichkeit und die Liebe, die uns alle trägt, wir sind alle aufeinander angewiesen. Die Liebe ist ein Teil unseres Grundwertes, dass als GG von Menschen niedergeschrieben wurde, die nach dem zweiten Weltkrieg hohe Verantwortung trugen. Und weil ich, wie sie, unser GG liebe und achte, werde ich für dieses GG eintreten und wie für einen heiligen Gral dafür ringen, dass das Schubladendenken abgebaut und der sich immer mehr verbreitende Rechtspopulismus an die Seite gedrängt wird.

     

    Unsichtbare Schlagbäume müssen aufgeschlagen werden, die einem großen Teil unserer Gesellschaft bisher wie ein undurchdringlicher Wall erscheinen muss, dem kein Visums- oder Aufenthaltsgenehmigungsstempel zum beruflichen Aufstieg verhilft.

     

    „Break down the wall!“

  • M
    MJ23

    Nein. Wieso auch sollte man den Kindern, welche oftmals in einer Situation aufwachsen, in der sie weder türkische, noch deutsche Identitätsgefühle aufbauen können helfen? Womöglich wäre das Resultat, dass sich die türkischen Kids besser in die Gesellschaft integrieren, wenn Ihnen nicht mehr das Gefühl vermittelt wird so anders zu sein.

     

    Da ist es schon einfacher, die Schulen in Stadtvierteln mit hohem Ausländeranteil verkommen zu lassen und zu ignorieren, dass neben den türkischen Familien und besagten "Kindern mit Migrationshintergrund" auch der Staat in der Verantwortung steht, wirklich für Integration zu sorgen.

  • S
    shikkl

    Ja klar. Dann brauchen wir aber auch Swahili-Unterricht, wobei das nicht ausreichen wird. Wir brauchen Swahili-Schulen. Und wenn wir schon dabei sind dann offerieren wir natürlich gleich noch Mapudungun-Unterricht, aber bitte in allen sechs Dialekten! Wir wollen ja niemand diskriminieren! Das finanzieren wir dann selbstverständlich kommunal, können wir dem Bund ja nicht zumuten...

  • PM
    Peter Mortz

    Bildungsinteressierte Eltern sind schuldig, weil sie ihre Kinder nicht diesem Gesellschaftsexperiment ausliefern und opfern wollen. Die Gutmenschen sind die Ersten, die hier in Kreuzberg mit ihren Kindern zur Waldorfschule rennen. Ich kann es ihnen nicht verdenken.

    Hier entsteht unaufhaltsam eine neue Gesellschaft, die Forderung nach Unabhängigkeit ist nur eine Frage der Zeit.

  • H
    Hallo

    Mit Englisch und Französich erschließt man sich doch weltweit einen wesentlich größeren sprachlichen Raum, als es mit dem Erlernen der türkischen Sprache der Fall ist, oder täusche ich mich ?

    Dies ist meiner Meinung nach ein ausreichender Grund für das Lehren von Englisch und Französich und gegen das Lehren von Türkisch.

    Trotzdem sollte man keinem Schüler per Schulordnung verbieten in den Pausen türkisch oder jedwede andere Sprache zu benutzen.

  • KT
    kein Türke, aber

    Dieses tiefe Misstrauen kommt daher, dass die Mehrheit der Deutschen(bzw. auch der deutschen Politiker)ein Misstrauen gegenüber allem hat, was auch aus nur islamisch angehauchten Ländern stammt. Es sei denn natürlich, es handelt sich um Geld/Finanzinvestitionen. Französisch und Englisch(oder andere, "westliche" Sprachen) werden deshalb akzeptiert, weil sie ja die tollen Werte des Abendlandes repräsentieren. Heuchelei hoch drei, denn Deutsche im Ausland müssen selbstverständlich auch ihre deutschen Schulen haben, und brauchen sich dort nicht(sprachlich)zu integrieren. Wovon Spanien, USA und etliche andere Länder ein Lied singen können. Diese ganzen Debatten, Türkei, Türkisch, Ausländer in Deutschland(wobei ja immer nur die unbequemen, muslimischen Ausländer stören...), usw. zeigt ganz offen ein Manko Deutschlands- es kann und will sich nicht auf "anderes" einlassen, sondern schürt lieber die Ängste davor. Leiden müssen darunter wie immer die Unschuldigen, Kinder, unbescholtene Bürger, die meist ebenso gut integriert sind wie ihre deutschen Mitbürger. Aber Negativbeispiele bringen ja mehr Quoten- für Medien oder Politiker.

  • B
    Boumi

    Vielen Dank für diesen Artikel. Gute Arbeit!

  • V
    Verärgert

    Merkels Argument die Türkischen Kinder können sich nicht ordentlich integrieren, weil sie durch die türkischen Gymnasien ja die deutsche Sprache nicht ordentlich lernen würden ist ja wohl total absurd! Welcher Gymnasiast in Deutschland hat denn bitte Probleme mit der deutschen Sprache? Dieses Problem ist ja wohl eher in Hauptschulen anzutreffen!

    Aber hauptsache unsere guten deutschen Schulen in alle Herren Länder klatschen!

    Bravo Frau Merkel! Das nenn ich eine tolerante Integrationspolitik!

  • FC
    Franz Conrad

    Wieviele Kinder zieht Alke Wierth groß, auf welche Schulen schickt sie sie? Dieselbe Frage an Herrn Füller. Wieso wird in der TAZ eine sehr praktische Frage wie die einer angemessenen Kindererziehung wie eine beliebige Kulturtheorie behandelt: Fällt denn in der Redaktion niemandem unangenehm auf, dass political correctness erkauft wird für einen hohen Preis, wenn man die Debatte über Schulen und Erziehung Menschen überlässt, die vor allem eines verbindet - die Flucht vor praktischen Erfahrungen.

  • S
    Seelensammler

    Die Autorin übersieht, dass es Erdogan nicht um Deutsch-Türkische Gymnasien geht, sondern um rein türkische Gymnasien, die deutsch als Fremsprache lehren. Dieses Modell einer zwei- oder mehrsprachigen Schule gibt es in Berlin bspw. an der J.F. Kennedy-Schule, aber mit dem Unterschied, dass diese für die Kinder alliierter Soldatenkinder gedacht war, die nach einiger Zeit in die USA zurückkehren. Die Gymnasien, die Erdogan fordert, sind demnach ein ähnliches Modell für Kinder, die hier aufwachsen und auch leben sollen. Und nur dieser Unterschied ist entscheidend, denn damit werden Integrationsdefizite und Parallelgesellschaft forciert, ausgebaut und verfestigt. Den Kindern und der türkischen Community werden damit Mittel der Enklavisierung des türkischen Staates an die Hand gegeben.

  • FT
    Fritz Teich

    Der Schutz der Wanderarbeiter und ihrer Familien 2.0. Summum ius, summa iniuria? Sie sollten einen zusaetzlichen freiwilligen Tuerkischunterricht bekommen aus Gruenden der Persoehnlichkeitsbildung. In welchem Sinne ist es denn verboten Tuerkisch auf dem Schulhof zu reden? Ist das Verbot eine Art Burkaverbot, ist es blos verpoent, sind die Schulpausen Freizeit?

  • S
    Seraquael

    Es gibt drei Probleme die mit Erdogans Forderung eng verknüpft sind.

     

    1. Die Tatsache das sich der türkische Ministerpräsident zu gerne in die deutsche Politik einmischt, oder es zumindest versucht. Er tut dies mit der erklärten Absicht die in Deutschland lebenden Türken und auch türkischstämmige Deutsche weiter an die Türkei zu binden. Er untergräbt damit die Souverenität deutscher Politik und auch auf perfide Weise jegliche Integrationsbemühungen der deutschen Regierung. Deshalb werden Vorschläge von ihm erst einmal immer sofort abgelehnt.

     

    2. Der Zeitpunkt, nämlich kurz vor dem lange erwarteten und vorbereitetem Besuch unserer Kanzlerin in der Türkei, der mit ganz bestimmten Erwartungen verknüpft ist. Es bleibt die Frage ob der Vorschlag wirklich ernst gemeint ist oder Erdogan nur Ersatzmunition für den Verhandlungstisch bereitlegt.

     

    3. Die großen Integrationsprobleme junger Türken vor allem der zweiten und dritten Generation. Diese Menschen fallen häufig wieder hinter den Integrationsstand ihrer Eltern zurück und zeigen keinerlei Interesse an der deutschen Kultur und Sprache und vermeiden es z.T. sogar absichtlich das ihre Kinder Deutsch lernen, was in der türkischen Subkultur die sich mittlerweile in allen deutschen Großstädten gebildet hat, sowieso schon schwierig ist. Diesen Vorschlag zu akzeptieren würden viele Deutsche als Kapitulation der Integrationsbemühungen ansehen, um entgültig eine türkische Parallelkultur außerhalb der deutschen Gesellschaft zu zementieren. Hinzu kommt wenn man solche Schulen flächendeckend einführen würde könnte genau das dabei herauskommen, da sich deutsche Kommunalpolitiker erstaunlich unfähig gezeigt haben innovative Schulkonzepte umzusetzen und solche Schulen auch wieder nur als Verwahranstalt für (türkische) Migrantenkinder nutzen würden, wie sie es mit bisherigen Modellschulen und Extra-Migrantenklassen tun.

     

    Noch ein Wort zu Herrn Özdemir. Er sollte sich endlich vor Augen führen, dass er deutscher Parlamentarier ist und er endlich damit aufhören muss fast jeden Vorschlag aus der Türkei uneingeschränkt zu befürworten. Selbst wenn sich die türkische Regierung mal wieder in deutsche Regierungspolitik einmischen will.

     

    Verstehen sie mich bitte insgesamt nicht falsch. Trotz des Tenors dieses Beitrages liegt meine Gesinnung deutlich auf der linken Seite des politischen Spektrums, aber so langsam gehen mir Erdogan und seine Erfüllungsgehilfen auf die Nerven. Die Herrschaften haben kein Interesse an Integration, sondern an politischer Profilierung und wohl auch der Schaffung einer türkischen (Sub-)Kultur in Deutschland. Ein einwandererfreundlicher Staat zu sein sollte nicht die Selbstaufgabe der eigenen Kultur oder wichtiger Teile davon nach sich ziehen.

     

    Gruß

    Seraquael

  • CA
    Christian Alexander Tietgen

    Guter Artikel, ich finde, Erdoğan hat in den meisten Punkten Recht. Viele Deutschstämmige verstehen Integration anscheinend so, dass Migranten ihre Religion, Kultur und Sprache aufgeben und möglichst noch zum Christentum konvertieren sollten. Und die bloße Existenz von Muslimen als Gefahr für Leib und Leben zu betrachten, ist doch blanker Humbug. Und um diese "Gefahr" zu bekämpfen, wird dann vertuscht und rausgeekelt und diskriminiert, statt Abhilfe zu leisten.

     

    Nur weil Erdoğan kein Vorzeige-Demokrat ist, müssen seine Vorschläge nicht falsch sein. Das erinnert mich an den Antrag im Bundestag, Hartz IV-Empfängern Ferienjobs nicht abzurechnen, der abgelehnt wurde, weil er von der Linken kam. Obwohl kurz vorher in einer Talkshow noch alle angekündigt hatten, dagegen etwas zu unternehmen.

     

    Was ist die Aufgabe von Politikern? Personen bewerten oder vernünftige Entscheidungen treffen? Anscheinend das erstere.

  • F
    Fridolin

    Dann sollte man sich aber auch fragen wieso immer mehr Deutsche diese sogenannten Migrantenschulen meiden und aus diesen Gebieten mit Schulen, die einen 95%igen Ausländeranteil haben, wegziehen. Das hier ist immer noch Deutschland und wieso sollte man sich als Deutscher in Deutschland als Minderheit in diesen Gebieten diskriminieren lassen? Deutsche werden in diesen Migrantenschulen schlechter behandelt als Ausländer in Schulen, wo sie in der Minderheit sind. Es ist immer leicht theoretisch und gutmenschlich über Integration zu schwadronieren und den Deutschen vor Ort mangelnde Integrationswillig- und fähigkeit vorzuwerfen, obwohl es in diesen Wohngebieten gar nicht mehr darum geht Ausländer zu integrieren, sondern Deutsche in die Parallelgesellschaft zu integrieren. Das findet ebenso nicht statt. Am besten ist diese Kritik, wenn sie von Personen kommt, die selber niemals in diesen Brennpunkten gelebt haben, nie auf die Idee kommen würden dorthin zu ziehen (aus gutem Grund) und ihr eigenes Kind ins Internat oder zur Waldorfschule schicken. Es ist nur natürlich, dass man Probleme vermeiden und nach Möglichkeit dem Elend entfliehen möchte. Jeder weiß ganz genau wieso gerade alles Türkische in Deutschland nicht unbedingt wohlwollend aufgenommen wird. Diese falsche PC ist fehl am Platz im Suchen nach einer Lösung.

  • G
    gaijinette

    Die deutsche Politik scheint exponentiell zunehmend immer offener nationalistisch zu werden. Arroganz führender deutscher Politiker gegen Politiker und Bürger anderer Staaten sowi Immigranten wird -- wieder -- selbstverständlich. Merkel kopiert Nazi-Haß-Forderungen gegen Türken, aber ist das noch Kopie oder schon Vorbild?

     

    Interessant auch der aufgezeigte Kontrast zur Förderung des Deutschtums (also... darf ich in der taz Lafontaine zitieren? Er prägte doch den Ausdruck 'Deutschtümelei'...) -- und zwar des Deutschtums im Ausland und auch, hier nicht aufgezeigt, in der BRD: Ich war sehr überrascht, hätte es aber nicht sein sollen dank meiner Erfahrungen, zu hören, daß das Deutschlandlied inzwischen auf den Lehrplänen von Grundschulen steht... kommentiert auch von (CDU-) Direktorenseite unter anderem mit Hinweis darauf, daß ein Nationalgefühl in anderen Ländern normal wäre... ich hätte mir von Grundschulleitern etwas höhere Sensibilität angesichts der deutschen Geschichte erhofft, aber die Lehrpläne zumindest hier im Saarland -- MP Müller, CDU (Freund des appetitlichen Hessen-MPs Koch) -- sind ja Ländersache, da wundert mich das dann nicht mehr.

     

    Zurück zum Thema: Ausnahmesweise am Sonntag (dem Tag der Merkel'schen Türkei-Reise) 'Tatort' geguckt. Und nicht schlecht gestaunt: Ein türkischstämmiger Kommissar in der Hauptrolle, und ein 'wir sind die Guten im Hintergrund' vorsagender BND (von mir aus besten Gründen Nazi-BND genannt): Was für ein Timing! Ist mir sonst nur vom BND her (Merkels Propaganda- und Putztruppe) vertraut. Wer das für Zufall hält, der bedenke: Das politische Thema gibt es schon seit Jahren, und wie der ältere Polizeiruf 110 für das Regime der DDR, so ist der Tatort für das Regime der BRD regimestabilisierend.

     

    Danke für diesen Artikel. Wenn das so weitergeht, und sogar meine 'alte' Rechtschreibung (inclusive Fehlern in derselben) beibehalten wird, sehe ich mich auf einmal noch gezwungen, mein Ende 2007 gekündigtes Abo wiederzubeleben...

     

    -- gaijinette (Lothar Gebhardt), SB/SLS

  • P
    Pat

    Grundsaetzlich spricht der Artikel ein existierendes Problem an: Messung it zweierlei Mass wenn es um Türken und Menschen anderer Nationalitaet geht.

    ABER: Auch hier vermisse ich den für mich virulenteren Teil der Frage nach türkischen Schulen: Was werden das für Schulen sein? Ist die Sprache wirklich das Hauptproblem?

    Herr Erdoğan ist nunmal niemand der ganz nett ein bisschen die eigene Sprache verbreiten möchte. Es geht ihm um etwas anderes: Türkische Inhalte in Unterricht. Und in der Türkei sieht das leider sehr düster aus. Der grosse Führer Atatürk den ganzen Tag, die predigung des Befreiungskrieges (der nicht ganz unblutig ablief) und Militaerunterricht sind da an der Tagesordnung. Es geht nicht um Religion, es geht um Militaer- und Nationalfanatismus.

    Abzulehnen ist also im Sinne liberaldemokratischer Erziehung nicht der Türkischunterricht (den es als Wahlfach geben sollte) sondern türkische Schulen mit eigenem, türkisch-nationalistischem Lehransatz.

  • H
    hellacharlot

    guter Artikel

  • O
    Ole

    Ich wußte gar nicht das mittlerweile Türkisch eine Weltsprache ist. Da muss mir aber echt etwas entgangen sein!

    Und natürlich würden türkische Schulen die Integration fördern denn dadurch würden noch mehr Kinder kein Deutsch sprechen...

  • K
    keetenheuve

    Die Deutschen als "Integrationsverweigerer" - an dieser ebenso absurden wie schrägen Legende wird in der taz schon länger gestrickt. Verständlich, denn dann braucht z. B. nicht näher darauf einzugehen, wieso es fast ausschließlich Schulen mit vielen türkischen Schülern so gemieden werden. Oder wieso Türkisch so gut wie keiner als Zweit- oder Drittsprache lernen möchte. Oder warum bildunginteressierte türkische Eltern ebenfalls Schulen mit möglichst wenig türkischen Schülern bevorzugen. Die Autorin hat übrigens nicht die Frage gestellt, warum nirgendwo die Forderung nach polnischen, portugiesischen, italienischen oder spanischen Gymnasien aus dem Ausland erhoben wird, obwohl die Zahl der Migranten aus diesen Ländern ähnlich groß wie die aus der Türkei sind. Warum eigentlich?

  • I
    imation

    Na ich hoffe doch, dass die Autorin mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Kinder zweisprachig deutsch-türkisch kulturell bereichern lässt.

  • B
    BoltThrower

    Bitte weiter solche Beiträge!

     

    Man spricht mir, als Türken, vollkommen aus der Seele. Besser hätte man es nicht ausdrücken können.

     

    Ich mag Herrn Erdogan nicht grad sehr leiden, aber das auf ihn rumgebasht wird und dies als Gelegenheit genutzt wird, mal alle Türken hier in Deutschland in einen Topf mit "Integrationsunwillig" und "Kriminell" zu stecken, ist ein sehr dummes und kultur-spaltendes Vorgehen, dass leider nur die wenigstens als dumm und kultur-spaltend sehen.

  • S
    Sebastian

    Ich hätte lieber russisch oder hebräisch gehabt als französisch oder latain. Man müsste viel mehr Sprachen an den Schulen anbieten.

  • T
    takti

    ich kann den artikel nicht bookmarken...?!

  • P
    Peter

    Nun Franzosen und Engländer sind auch ziemlich gut integriert.

     

    Und vergessen sie nicht dass türkisch längst an einigen Schulen unterrichtet wird. (als Zweitsprache)

     

    An Gelegenheiten die türkische Sprache zu lernen mangelt es nicht.

  • A
    apricot

    Stimmt - außer Französisch und Englisch wird kaum eine weitere Sprache als Bereicherung gesehen, in der Grundschule nicht einmal diese beiden. Die Kinder werden nur durch ihre nicht perfekten Deutschkenntnisse benachteiligt. Weil die Grammatik nicht ganz stimmt und der Wortschatz "nur" normal ist, reicht es halt nur zur "4" im Fach Deutsch und damit nicht zum Übertritt. Man stelle sich nur mal vor, Türkisch würde Abifach werden - dann könnten ja alle Türken plötzlich ABI hier machen, ja gar studieren... Die "1" in diesem Fach wäre ihnen sicher. Es wird höchste Zeit, dass alle Fähigkeiten eines Menschen gewichtig werden. Ich habe Kinder in der Klasse, die sprechen drei oder vier Sprachen - das hilft ihnen gar nichts, weil sie regelmäßig auf der Hauptschule landen.

  • PF
    Peter Freimann

    Super mal wieder sind wir an dem fehlenden Integrationswillen der Türken schuld. Danke TAZ.

  • TS
    Thomas Sch.

    Hmmmm. Wer sich für Persil entscheidet, diskriminiert der Omo ?