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Zwei Städte ersetzen Gelbe TonnenDer Kampf um den Müll

Dortmund und Bochum ersetzen die gelben Tonnen für Verpackungsmüll durch die "kombinierte Wertstofftonne". Die Dualen Systeme sehen zähneknirschend zu.

Schwarze oder gelbe Tonne? Wenigstens die Bochumer und Dortmunder sollen sich mit dieser Frage nicht länger quälen. Bild: dpa

BERLIN taz | Wohin bloß mit dem Weihnachtsbaumnetz? Schwarze oder gelbe Tonne? Wenigstens die Bochumer und Dortmunder sollen sich mit dieser Frage nicht länger quälen. Während Regierung und Wirtschaft seit Jahren einen zähen Ringkampf um ein neues Abfallgesetz austragen, schaffen die beiden Städte Fakten und stellen ihren Einwohnern ab Januar so genannte "Wertstofftonnen" vor die Haustür.

Aus der gelben Tonne wird in Dortmund die "kombinierte Wertstofftonne", in die nicht mehr länger nur Papiertaschentuchtütchen, Saftkartons oder Joghurtbecher gehören, sondern auch Plastikspielzeug, Föhne oder CDs.

Eine Tochter des städtischen Entsorgungsunternehmens EDG sammelt den Inhalt der gelben Tonne ein und sortiert ihn vor. Der Verpackungsmüll wird den Dualen Systemen zur Verfügung gestellt, den Rest behält die EDG zur weiteren Verwertung. Damit solle "die stoffliche Verwertung in der Entsorgungswirtschaft der Stadt Dortmund einen höheren Stellenwert erhalten", heißt es im Beschluss des Stadtrats.

Auch die Nachbarstadt Bochum führt zum neuen Jahr in einem dreijährigen Modellversuch eine Wertstofftonne ein. Dort hinein dürfen aber nur Verpackungen und die "stoffgleichen Nichtverpackungen" wie Kunststoffe und Metalle – keine Elektrokleingeräte. "Wir wollen in Bochum ein einfaches System", sagt Kerstin Abraham, Geschäftsführerin des Umweltservice Bochum (USB). Das städtische Unternehmen sammelt den Abfall ein und übernimmt einen Teil davon zur Verwertung. Der Rest wird an die Dualen Systeme verteilt, die laut Gesetz die Entsorgung von Verpackungen organisieren müssen.

Dieses komplizierte Verfahren zeigt den Sprengsatz, den die Wertstofftonne birgt. Denn Kommunen und private Entsorgungsunternehmen kämpfen darum, wer für die Sammlung und Verwertung von Kunststoffen und Metallen verantwortlich zeichnet - letztlich also, wem der Abfall gehört. "Alles, was haushaltsnah erfasst wird, muss in Verantwortung der Kommune bleiben", sagt Abraham.

"Gewagt" findet hingegen Michael Schneider, Sprecher des Lünener Entsorgungsunternehmens Remondis, das Vorhaben der Stadt Bochum. Neun Duale Systeme gibt es in Deutschland, und das Bochumer Modell "setzt die Mitwirkung aller neun voraus", betont Schneider. Verweigere eines der Dienstleistungsunternehmen seine Zustimmung und Bochum führe die Wertstofftonne trotzdem wie geplant ein, riskiere die Stadt "juristische Gegenmaßnahmen".

Bislang hat Remondis dem Modellversuch nicht zugestimmt. Auch der Bundesverband der deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) beobachtet die Wertstofftonnen im Ruhrpott mit Misstrauen. "Die privaten Unternehmen haben in den vergangenen Jahren Millionen investiert, um leistungsfähige Sortier- und Recyclinganlagen zu errichten", sagt BDE-Sprecher Karsten Hintzmann. Für die Kommunen hingegen sei das Neuland.

"Einige glauben, dass die Wertstofftonne eine Goldgrube ist", spottet Hintzmann. "Doch vor dem Preis kommt der Fleiß." Die Kommunen müssten erheblich investieren, bevor sie die Rohstoffe im Abfall heben könnten: "Dabei reichen die Kapazitäten der Privatwirtschaft."

Beim Konkurrenten DSD aus Köln gibt man sich kompromissbereiter. Der Marktführer sehe in der kombinierten Wertstofftonne Bochums "gewährleistet, dass die Verpackungssammlung weiter in der privatwirtschaftlichen Verantwortung der dualen Systeme durchgeführt wird", sagt Sprecher Norbert Völl.

Der Abfallexperte des Städte- und Gemeindebundes, Norbert Portz, sagt voraus, dass es bei Bochum und Dortmund nicht bleiben wird. "In vielen Rathäusern wird über ähnliche Projekte nachgedacht", so Portz. Es könne nicht sein, dass die Kommunen den Müll beseitigten, an der Wertschöpfung durch Recycling aber nicht beteiligt seien.

Weihnachtsbaumnetze übrigens werden auch an der Ruhr ein Problem bleiben. Sie verfangen sich regelmäßig in den Antriebswellen der Förderbänder in den Sortieranlagen, bringen sie zum Stillstand oder gar zu Bruch. Und es wird noch schlimmer: Wegen der Elektrokleingeräte müssen die Anlagebetreiber künftig auch mit Elektrokabeln kämpfen.

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8 Kommentare

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  • A
    anti-müll

    Das kommt wahrscheinlich davon, wenn der Arbeitgeber wie eine Schnittstelle am Computer heißt ;-)

     

    So oft ich in meinem Leben auch umgezogen bin, es war immer das Gleiche:

    Wertstoffhöfe nie zu erreichen (zumindest nicht ohne Führerschein und Auto oder einen Chauffeur), Gelbe Tonne immer voll oder Gelbe Säcke gerissen und wenn man dann doch einen Wertstoffhof erreicht hat, war der Geldbeutel mit einem Schlag leer.

     

    Bei meinem letzten Wohnort wusste ich weder, wo der Wertstoffhof war (ich hatte es einmal mit Navi hingeschafft, danach aber nie wieder hingefunden), noch wo ich Flaschen hinwerfen musste.

     

    Vielleicht könnten die Behörden einfach ihre Bürger mehr unterstützen und informieren? Wenigstens mit dem Bus sollte er doch zu erreichen sein.

  • O
    Oliver

    Berlin geht mit den Tonnen ähnliche Wege: Bei uns im Hof steht eine gelbe Tonne in die auch Elektro kann und die BSR baut mit der Orange Box ähnliches.

  • S
    Susi

    Hach, ich hätte in München auch gern eine kombinierte Wertstofftonne oder wenigstens eine gelbe Tonne. Hier hats nur Papier, Kompost und Restmüll. Wer mehr trennen will ist auf grob verstreute Wertstoffinseln angewiesen, deren Tonnen irgendwie immer dann voll sind, wenn ich mit meinen Taschen ankomme.

    Noch blöder ist, dass Elektromüll nur in den Wertstoffhöfen abzugeben ist, der mit öffentlichen Nahverkehr sehr umständlich erreichbar ist.

    Je aufwändiger Mülltrennung für den Einzelnen ist, desto weniger werden es machen.

  • A
    alex

    In Leipzig gibt es seit gut 5 Jahren die Gelbe Tonne Plus, in die auch Elektrokleingeräte usw. gehören.

     

    http://www.gelbe-tonne-plus.de/

  • S
    Stefan

    Bisher konnte mir niemand so richtig erklären, warum ein altes Bobby-Car mit einem Plastikanteil von hunderten von Joghurtbechern nicht recylet werden kann, aber jede noch so kleine Umverpackung dringend in die gelbe Tonne soll.

  • Y
    Yedi

    Endlich haben es ein paar Städte begriffen!

    Als ich vor Jahren versuchte eine defekte Kunstoffklappbox im gelben Sack zu entsorgen, bekam ich Probleme. Da dürfe nur rein, was einen grünen Punkt hat. Ich solle die guten Kunststoffreste der defekten Box also im Hausmüll entsorgen.

    Da das im Grunde Schwachsinn ist und zeigt, dass es bei der ganzen grünen Punkt Geschichte nicht um Ökologie, sondern vor allem um Ökonomie geht, werfe ich seither alles bis auf Glas, Metalle und Papier in den Hausmüll, basta. Ist bei uns nicht weiter schlimm, da bei uns fast kein Plastikmüll anfällt. Gerade mal die Tütchen der Taschentücher und des Klopapiers. Lebensmittel kommen hier fast ausschließlich frisch und ohne Plastikumverpackung ins Haus.

     

    Nun bekomme ich Hoffnung, dass sich etwas ändert. Die Idee, auch Elektrokleingeräte in der Tonne entsorgen zu können, halte ich für sehr sinnvoll. Denn vieles davon landet bisher eben auch ungenutzt im Hausmüll, da der Weg wegen eines defekten Mixers oder Föns zum Wertstoffhof einfach zu viel ist.

  • D
    Divechris

    Die beteilgten Städte können sich doch mal Karlsruhe anschauen. Da gab es nie eine gelbe Tonne sondern immer schon eine kombinierte Wertstofftonne, in die alles bis auf Glas reingegeben werden durfte. Und das funktioniert seit ich mich erinnnern kann. Aber die Müllentsorgung ist dort besser als in vielen anderen Städten mit gelber Tonne, in denen ich bisher gewohnt habe.

    Klar gibt es Bedenken vom Dualen System, denn wer läßt sich schon gerne seinen Goldesel wegnehmen? Aber wie gesagt, es geht auch ohne!

  • G
    glockenpeter

    Jetzt kämpfen unsere Kommunen schon um den Müll und IKEA zahlt in Deutschland immer noch keine Steuern. DAS IST PERVERS.