: Zwang zum Kompromiss
■ Ausschreibungen: Senatorin Roth und SPD-Fraktion legen handfesten Krach bei
Das Ergebnis steht bereits fest, und alle werden hinterher erklären, dass es ein gutes Resultat einer fruchtbaren Diskussion sei. Die heftig umstrittene Ausschreibungspraxis der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) wird nur für neue Projekte gelten, eine Ausschreibung der Trägerschaft bestehender Einrichtungen wird zunächst nicht erfolgen, und bereits getroffenen Entscheidungen werden nicht rückgängig gemacht. Dies sind die Kernpunkte des angekündigten „Positionspapiers“, das die SPD-Fraktion auf ihrer Sitzung heute abend verabschieden wird.
Vorausgegangen war ein massiver Eingriff von Bürgermeister Ortwin Runde (SPD). Auf einer Krisensitzung am Mittwoch mit Sozialsenatorin Karin Roth und ihren Kritikern, dem SPD-Fraktionsvorstand sowie den einflussreichen Abgeordneten Jan Ehlers und Mathias Petersen, hatte der Regie-rungschef auf eine Lösung hingearbeitet, die alle Kontrahenten das Gesicht wahren lässt.
Roth hatte das Filz-Dickicht in der BAGS, in dem ihre SPD-Vorgängerin Helgrit Fischer-Menzel verlorenging, lichten wollen. Alle Empfänger von Zuwendungen ihrer Behörde sollten per Ausschreibungen regelmäßig auf den Prüfstand, um so Transparenz herzustellen. Das ging wegen schwerer inhaltlicher und arbeitsrechtlicher Mängel schief. Träger, Verbände, Gewerkschaften und schließlich die SPD-Fraktion hielten sich mit öffentlicher Kritik an der als beratungsresistent geltenden Roth nicht zurück (taz berichtete mehrfach).
Die nun erzielte Einigung fußt nicht zuletzt auf dem Zwang zum Kompromiss. Kein Sozialdemokrat, und der Bürgermeister am allerwenigsten, kann daran interessiert sein, auch die Nachfolgerin der gestürzten Fischer-Menzel abzusägen. Am Dienstag hatte sie Einlenken signalisiert: „Man kann nicht alle Projekte über einen Kamm scheren“, räumte Roth ein und ebnete damit den Weg, um den handfesten Krach beizulegen
Sven-Michael Veit
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