Zurückweisung für Zypern: Krise zwingt zum Briefeschreiben
Zusammengeschustertes Banken-Konzept und schlingernde Wirtschaft: Zypern würde sein Rettungspaket gerne neu verhandeln. Die EU aber nicht.
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BERLIN/BRÜSSEL taz | Beim Hilfsprogramm für Zypern soll alles bleiben, wie es ist. Die Europäische Union sei nicht zu wesentlichen Änderungen bereit, sagte ein EU-Diplomat am Mittwoch in Brüssel. Auch Deutschland teilt diese Linie.
Wichtig ist diese scheinbar Nichtmeldung, weil einen Tag zuvor ein Brief des zyprischen Präsidenten Nikos Anastasiades an die Repräsentanten der Eurozone bekannt geworden war. Darin argumentiert dieser für mehr Hilfen für die größte Bank der Insel, die Bank of Cyprus. Er stellt jedoch keine Forderung.
Die Bank of Cyprus leidet unter den Bürden, die ihr von der Eurogruppe und dem Internationalen Währungsfonds als Gegenleistung für das Rettungspaket von Ende März auferlegt wurden. So musste sie die Schulden der abgewickelten Laiki Bank übernehmen. Allein die Verbindlichkeiten, die aus Nothilfekrediten der Europäischen Zentralbank für dieses Institut herrühren, betragen rund 9 Milliarden Euro.
Hypotheken für Zypern
Im Rahmen des Hilfsprogramms erhielt Zypern 10 Milliarden Euro, weitere 13 Milliarden soll das Land aus eigenen Mitteln aufbringen. Fragt sich nur, woher.
Es bestehe „dringender Bedarf der Troika für eine langfristige Lösung für die Liquidität der Bank of Cyprus“, schrieb Anastasiades an EU und IWF. Ein zyprischer Diplomat stellte im Gespräch mit der taz klar, dass Zypern „keine vollständige Umstrukturierung“ verlange.
Anstasiades entwirft ein düsteres Bild von der wirtschaftlichen Lage auf Zypern. „Ein Großteil privaten Wohlstands ist verloren gegangen und eine bedeutende Zahl zypriotischer Firmen hat ihr Kapital verloren“, schreibt er. Das spielt auf die Tatsache an, dass die Kunden von Laiki Bank und Bank of Cyprus bis zu 60 Prozent ihrer Einlagen abschreiben müssen.
Zweistellige Einbrüche?
Die EU erwartet einen Wirtschaftseinbruch von 8 Prozent für 2013, doch Experten gehen inzwischen von zweistelligen Verlusten aus.
Dennoch sieht es aus, als stoße der Brief aus Nikosia in Brüssel auf taube Ohren. „Ich erwarte keine größeren Änderungen bei dem Programm“, sagte ein Diplomat in Brüssel. Schließlich habe Zypern dem Hilfspaket selbst zugestimmt.
Noch härter fiel die Reaktion in Berlin aus: Es sei nicht zu erkennen, warum das Programm geändert werden solle, sagte der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). „Vielmehr muss es darum gehen, das Programm konsequent und ohne weitere Verzögerungen umzusetzen.“ Bei ihrem Treffen am Donnerstag in Brüssel will die Eurogruppe ihr Nein bekräftigen.
Allerdings verschweigen Schäuble und seine Brüsseler Kollegen, dass die Bank of Cyprus, um die sich der aktuelle Streit dreht, früher von der EU selbst als systemrelevant eingestuft worden war. Auch zu den Kapitalkontrollen, die Präsident Anastasiades bemängelt und die auf Wunsch der EU bis heute bestehen, hatten die Euroretter früher eine andere Meinung: Sie galten erst als undenkbar, dann als befristete Notmaßnahme.
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