: Zurück bleibt ein Scherbenhaufen
Was erwartet den Iran nach Khomeinis Tod? ■ G A S T K O M M E N T A R
Kaum zu gauben, der große Ayatollah, der sich auf Gott und den Islam berief, in Wirklichkeit aber die Macht meinte, der haßerfüllte, rachsüchtige Misanthrop, der unzählige Kinder und Jugendliche an die Kriegsfront auf Minenfelder schickte und Zehntausende von politischen Gefangenen hinrichten ließ, ist tot. Die Welt kann aufatmen, nicht aber das iranische Volk.
Khomeini hinterläßt einen Scherbenhaufen, Massengräber, Invaliden, drei Millionen Flüchtlinge, sechs Millionen Arbeitslose. Ökonomisch ist das Land ruiniert, politisch isoliert. Armut plagt die Massen. Wie wird es weitergehen, fragen sich die Iraner. Die Zukunft ist völlig ungewiß. Das Problem der Nachfolge Khomeinis ist nicht gelöst, der designierte Nachfolger Ayatollah Montaseri ist vor kurzem zurückgetreten worden. Islamische „Pragmatiker“ und „Dogmatiker“ kämpfen erbittert um die Eroberung der absoluten Macht. Sie können sich nicht einigen. Die verschiedenen Fraktionen verfügen über bewaffnete Kräfte. Es ist zu befürchten, daß sie nun davon Gebrauch machen. Die Opposition befindet sich ebenfalls in desolatem Zustand. Sie ist zerrieben, zerspalten, zerstritten.
Für die iranische Bevölkerung stellt sich immer aktueller die Frage, wie sie den Teufelskreis von Gewalt beenden und welchen Weg sie beschreiten soll, um sich einerseits von den terroristischen Theokraten zu befreien und andererseits einen Gang vom Regen in die Traufe oder von Khomeini zu einer noch schlimmeren Diktatur zu vermeiden.
Bahman Nirumand
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